Neben dem Wetter in Deutschland interessiert uns Meteorologen auch das Wetter an entlegenen Orten der Welt. In einer unserer Schichten arbeiten wir eng mit dem Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern sowie mit der Bundeswehr zusammen. Im heutigen Thema des Tages bringen wir Ihnen diesen neuen Dienst näher.
Nicht immer richten wir Meteorologen unser Augenmerk auf das Wetter in Deutschland. Seit geraumer Zeit gibt es in der Vorhersage- und Beratungszentrale einen neuen Dienst, die sogenannte Schicht "Produktion Wettergefahren" (WP). In diesem Dienst beschäftigen wir uns nicht unbedingt nur mit dem Deutschlandwetter, sondern vielmehr mit internationalen Wetterereignissen. Beispielsweise entgehen uns weder ein Schneesturm in den USA, noch heftiger Monsun in Indien oder tropische Stürme über Madagaskar, den Philippinen oder in Australien. Wir richten unseren Blick hinsichtlich Regen, Schnee und Sturm auf das weltweite Wetter und bringen die Geschehnisse in einen klimatischen Zusammenhang: Denn Monsunregen gibt es jedes Jahr in Indien und nicht immer ist dieser so dramatisch, dass er bezüglich Überschwemmungen unter Beobachtung bleiben muss. Ebenso gibt es jedes Jahr Hurrikans über dem Nordatlantik, die auf die Küste Nordamerikas zu steuern. Auch mit diesen Kapriolen können die Nordamerikaner umgehen. Schnee in den Alpen ist auch eher selten erwähnenswert.
Wenn das Wetter jedoch extrem wird, haben wir es im Blick, ordnen die Ereignisse klimatologisch ein und schreiben etliche Berichte. Denn wir arbeiten in unserer Schicht eng mit dem Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) sowie der Bundeswehr zusammen. Anlassbezogen erstellen wir für beide Institutionen detaillierte Einschätzungen, die wiederum in sogenannten "Lageberichten" einfließen. Mit diesen Informationen können das GMLZ oder die Bundeswehr schon mehrere Tage im Voraus aktiv werden. Das Ziel des GMLZ ist bspw. die frühzeitige, sachgerechte und umfassende Information über relevante Ereignisse im Bevölkerungsschutz, und zwar aller Partner, wie der Bundesländer, der Bundesministerien, der Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfswerks (THW), der Nachbarstaaten, der EU und der NATO.
Doch wie läuft dieser Dienst überhaupt ab? Wie etliche andere Schichten, beginnt auch diese um 6 Uhr morgens. Zunächst muss sich der Meteorologe mit dem Wetter in Deutschland beschäftigen. Vom Nachtdienst noch instruiert, weiß er also schon recht schnell, ob bei uns in Deutschland heute oder morgen eine Unwetterlage ins Haus steht, sodass für das GMLZ und auch die Medienschicht eine entsprechende Grafik zu den anstehenden Unwetterereignissen angefertigt werden muss. Bevor der Kollege sich aber an die Erstellung setzt, müssen zunächst noch zwei andere Berichte erarbeitet werden. In der "Hydrologischen Guidance" und ebenso in der Mitteilung für das Rheineinzugsgebiet fasst der Meteorologe kurz zusammen, welche Niederschlagsmengen in Deutschland, respektive dem Rheineinzugsgebiet, erwartet und in welcher Form diese fallen werden. Wird es Dauerregen, heftigen Schneefall oder Tauwetter geben? Gibt es im "European Flood Awareness System" (EFAS) Hinweise auf ein anstehendes Hochwasserereignis? Wie verhalten sich die gängigen Wettermodelle zueinander? Gibt es große Unterschiede? Sind sie in sich stimmig oder wechseln die Vorhersagen von Modelllauf zu Modelllauf? Der Meteorologe muss sich innerhalb von 90 Minuten ein umfassendes Bild zur Niederschlagsentwicklung in Deutschland machen und auf all diese Fragen eingehen.
Anschließend ist Zeit für die o. e. GMLZ-Grafik. Steht eine Unwetterlage an, wird für das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum sowie für den Medienmeteorologen die Unwetterlage grafisch aufbereitet. Direkt im Anschluss wirft der Meteorologe einen ersten Blick auf die Weltkarte. Wo werden in den kommenden Tagen extreme Wetterereignisse bzgl. Wind, Regen oder Schnee erwartet? Was sagt unser Extremwetterindex, der hier beim Deutschen Wetterdienst auf Basis eines Produkts des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) entwickelt wurde, und bisher schon präoperationell genutzt wird? Dieser Index hebt Regionen hervor, in denen auf Basis klimatologischer Informationen sowie unter Berücksichtigung zahlreicher aktueller Berechnungen extreme Wetterereignisse simuliert werden. Der Meteorologe schätzt nun auf Grundlage des Index und der Globalmodelle die Wetterlage in den Regionen ein und bewertet diese. Er klärt Fragen wie: Ist das Wetter für das GMLZ oder die Bundeswehr relevant? Wie extrem ist das Wetter? Wie lange dauern die Ereignisse an? Dann wird mit dem GMLZ telefonisch abgestimmt, ob eine umfassende schriftliche Einschätzung erforderlich ist. Bei langandauernden Ereignissen, die vor allem im europäischen Raum auftreten oder viele deutsche Bürger im Ausland beeinflussen könnten, werden meist über mehrere Tage hinweg Berichte angefordert.
Für die Bundeswehr hingegen sind "nur" bestimmte Regionen weltweit interessant. Treten in diesen Gebieten extreme Wetterereignisse auf, sind auch für die Bundeswehr, in deutscher und ggf. englischer Sprache Einschätzungen der Wetterlage anzufertigen. Jede Region wird dabei einzeln betrachtet, so dass unter Umständen mehr als ein Bericht geschrieben werden muss.
Nach der Mittagspause wird der oben erwähnte Extremwetterindex evaluiert, um ihn stetig zu verbessern oder auch hinsichtlich anderer Wetterereignisse weiter zu entwickeln. Kurz vor Dienstschluss aktualisiert der diensthabende Meteorologe die "Hydrologische Guidance" und verabschiedet sich dann um 15 Uhr in den Feierabend.
Der Dienst kann bei mehreren extremen Wetterereignissen weltweit sehr anspruchsvoll und stressig sein, gibt den Meteorologen aber auch die Chance, sich in Wetterkapriolen an entlegenen Orten der Erde einzuarbeiten und direkten Kontakt zum Kunden zu pflegen.
Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.01.2020
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