Um die Jahreszeiten zu schützen, kommt nun aus Norwegen die Forderung, sie von der UNESCO in die Weltnaturerbe-Liste aufzunehmen. Was steckt dahinter?
Der Winter 2019/2020 war in Deutschland der zweitwärmste Winter seit Beginn der Messungen im Jahr 1881, in ganz Europa sogar der wärmste.
Auch in unseren nordeuropäischen Nachbarländern wie Norwegen und Schweden, die viele mit tiefverschneiten und kalten Wintern verbinden, werden die Winter zunehmend milder. In Oslo z.B. war der diesjährige Januar erstmalig komplett schneefrei.
Auch wenn die einen von uns große Winterfans sind, die anderen hingegen eher Freunde des Sommers sind: Den meisten in unseren Breiten ist gemein, dass sie an unserem Klima den Wechsel der Jahreszeiten schätzen. Frühling, Sommer, Herbst und Winter haben schließlich jeweils einen ganz eigenen Reiz!
Diese Überlegung hatte auch der norwegische Outdoor-Hersteller Bergans, für den die Jahreszeiten natürlich auch (aber nicht nur) ein wirtschaftlicher Faktor sind. Wenn es keine schneereichen Winter mehr gibt, erübrigt sich der Skisport und die Nachfrage für entsprechende Bekleidung und Ausrüstung sinkt. Könnte man also nicht irgendwie versuchen, die Jahreszeiten zu wahren?!
Das Unternehmen wandte sich an den WWF (World Wildlife Fund), eine der größten internationalen Umwelt- und Naturschutzorganisation, und zusammen gründeten sie eine Initiative ("Save the seasons") zum Schutz der Jahreszeiten. Ihre Idee: Frühling, Sommer, Herbst und Winter sollen von der UNESCO in die Liste der Weltnaturerbe aufgenommen werden. Klingt komisch? Im ersten Moment auf jeden Fall, stellt die UNESCO doch bisher nur physisch vorhandene Dinge unter Schutz. Diese Anforderungen erfüllen die Jahreszeiten natürlich nicht. Die Argumentation der Initiatoren: Veränderungen der Jahreszeiten würden massiv den Erhalt der bereits geschützten Gebäude, Pyramiden, Korallenriffe und Co. gefährden. So verweisen sie auf die Folgen des Klimawandels wie Stürme, Fluten und Dürren, auf kürzere Winter sowie heißere und trockenere Sommer und auf die Auswirkungen für Pflanzen und Tiere.
Ein Ausrüstungshersteller bei einem solchen Vorhaben? Da drängen sich schnell wirtschaftliche Hintergedanken auf. Doch laut Bergans geht es um weit Wichtigeres, als die eigenen Produkte zu verkaufen. "Für uns geht es im Wesentlichen darum, die Natur für zukünftige Generationen zu bewahren."
Von einem Schutz der Jahreszeiten durch die UNESCO ergäben sich also Vorteile für die bereits geschützten Teile des Welterbes. Oder wie der Leiter des WWF Norwegen Bård Vegar Solhjell sagt: "Die Jahreszeiten sind das Fundament unseres Outdoor-Lebens, das wiederum in direktem Zusammenhang mit unserem kulturellen Erbe steht. Die Jahreszeiten müssen daher als schützenswert eingestuft werden".
Und wie geht es nun weiter? WWF Norway und Bergans haben sich mit einem Brief an das Umweltministerium der norwegischen Regierung gewandt und darum gebeten, den Antrag bei der UNESCO einzureichen. Stehen die Jahreszeiten einmal auf der Liste, wäre der nächste logische Schritt, sie zu schützen.
Ob das Vorhaben Erfolg hat ist also noch unsicher und auch auf eine eigene Meinung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vielmehr wendet sich die Autorin nun wieder dem zurückgekehrten "Spätwinter" im meteorologischen Frühling zu?
Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.03.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst