Tiefdruckgebiete tragen in diesem Jahr Frauennamen. Und da derzeit einige Tiefdruckgebiete unser Wetter bestimmen, sorgen insbesondere vier dieser "Damen" für turbulentes Wettergeschehen in Deutschland.
Gewitter waren in diesem Jahr bisher relativ selten. Lediglich im Mai kam es vereinzelt zu kräftigen Gewittern, die lokal auch mal die Unwetterschwelle erreichten. Dies sollte sich in dieser Woche jedoch pünktlich zum meteorologischen Sommeranfang ändern.
Bereits zum Ende der vergangenen Woche macht sich Tief "Isolde" im Bereich des Schwarzen Meeres auf den Weg in Richtung Deutschland. Hoch "Steffen" sollte jedoch dafür sorgen, dass sie Deutschland nicht erreichen würde. Dennoch ließ "Isolde", deren Namen aus dem Althochdeutschen übersetzt auch "eisernere Kämpferin" bedeutet, nicht ab. Schließlich schaffte sie dann am vergangenen Dienstag (02.06.2020) doch noch einen "Streifschuss": Von der Neiße-Mündung bis zum Erz- und Zittauer Gebirge konnten sich einzelne Gewitter mit lokalem Starkregen, einzelnen stürmischen Böen und etwas Graupel entladen.
Dies sollte allerdings lediglich ein Vorgeschmack sein. Denn der Einfluss von "Steffen" auf Deutschland ließ am Mittwoch, dem 03.06., deutlich nach. So konnte sich Tief "Juliane" über Frankreich und Westdeutschland entwickeln und ihren Einfluss mit feuchtlabiler Luft auf Deutschland ausweiten. Die "Sportliche" sollte in den Folgetagen ihrem Namen ebenfalls gerecht werden, beweist "Juliane" doch einen langen Atem. Dazu aber später mehr.
Zunächst einmal sorgte "Juliane" am vergangenen Mittwoch in vielen Landesteilen für Gewitter, teilweise fielen diese auch kräftiger aus. Dabei wurden punktuell Regensummen von über 30 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit gemessen. Die Feuerwehr in Hamburg hatte beispielsweise alle Hände voll zu tun, kam es dort zu umgestürzten Bäumen und vollgelaufenen Kellern. Zeitweise musste auch die A23 zwischen Halstenbek-Krupunder und Hamburg-Eidelstedt wegen Überschwemmungen gesperrt werden. Zudem setzte ein Blitz ein Reetdachhaus in Brand, das in der Folge bis auf die Grundmauern niederbrannte. Verletzte gab es glücklicherweise keine. Glück im Unglück hatten hingegen zwei Kanufahrer, die auf dem Bodensee kenterten. Diese konnten, wenn auch leicht unterkühlt, von einer Privatperson gerettet werden, noch bevor die DLRG eintraf. Von Gewittern verschont blieben nur die Regionen östlich der Elbe sowie weite Teile Nordrhein-Westfalens.
Auch am Donnerstag (04.06.) bescherte uns "Juliane" weitere Gewitter. Erneut traf ein Gewitter Hamburg, erneut kam es dort zu Überflutungen. Außerdem konnte am Abend bei Mellingen in Thüringen sogar eine Trichterwolke (engl. Funnelcloud) gesichtet werden. Hilfe bekam "Juliane" dabei durch Tief "Katharina", die den Südwesten von Frankreich her mit feuchtlabiler Luft und entsprechenden konvektiven Umlagerungen versorgte.
Am gestrigen Freitag (05.06.) trat schließlich die vierte "Dame im Bunde" namens "Linda" auf den Wetterkarten in Erscheinung. Diese zog im Tagesverlauf über die Nordsee und Dänemark hinweg - quasi halbkreisförmig um die ebenfalls über der Nordsee befindliche "Juliane" herum - und erreichte heute früh den Süden Skandinaviens. Vor allem der Westen und Nordwesten Deutschlands wurden dabei von weiteren Schauern und Gewittern getroffen. Darüber hinaus hatte Linda böigen Wind im Gepäck.
Heute teilen sich dann "Juliane" und "Linda" die Wetterherrschaft über Deutschland. Während der von den beiden Damen ausgehende Tiefausläufer im Süden des Landes für Regen sorgt, bringt "Juliane" der Nordwesthälfte weiterhin feuchtlabile und zu Schauern und einzelnen Gewittern neigende Luft. In der kommenden Nacht zum Sonntag nimmt "Juliane" erneut Anlauf auf Deutschland. Sie zieht von den Nordseegebieten Dogger und Humber dicht an den Ostfriesischen Inseln vorbei in die Deutsche Bucht. Vor allem im Nordseeumfeld kommt es dabei zu weiteren Schauern oder einzelnen Gewittern. Dazu frischt der Wind vorübergehend stark bis stürmisch auf.
Am Sonntag und Montag lässt der Einfluss der vier Damen auf Deutschland merklich nach. "Juliane" verabschiedet sich endgültig in Richtung Skandinavien und beschert lediglich dem Nordwesten noch zeitweise dichtere Wolken und wenige Schauer. Im Süden sorgt die Nähe zu einer Tiefdruckrinne, die sich von Skandinavien über Osteuropa bis ins Mittelmeer erstreckt, für etwas Regen oder den einen oder anderen Schauer. Ansonsten ist der Weg frei für den Keil eines Atlantikhochs, das voraussichtlich den Namen "Thomas" erhält. Allerdings wird dieser auch in den kommenden Tagen erst einmal auf Distanz bleiben und lediglich in der Nordhälfte für eine Wetterberuhigung sorgen. Nach Süden zu sollte es hingegen weiterhin wechselhaft bleiben.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.06.2020
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