Die Geschichte vom mächtigen Hoch UTZ und dem kleinen Kaltlufttropfen


In den kommenden Tagen, etwa bis zum Start ins Wochenende, erzählt das Wetter die Geschichte vom mächtigen Hoch UTZ und dem kleinen Kaltlufttropfen. Während UTZ über Norddeutschland und Südskandinavien thront und eigentlich verbreitet für Sonne und Wärme steht, stichelt und piekst der Kaltlufttropfen das Hoch immer wieder und gestaltet das Wetter in Teilen des Landes sogar zunehmend unbeständig.

Nach Abzug störender Tiefs samt deren Ausläufer hat sich das mächtige Hoch UTZ über Mittel- und Westeuropa breitgemacht und dominiert zumindest im Bodendruckfeld (vgl. Graphik). Bei genauer Analyse gibt es am heutigen Dienstag sowie auch in den kommenden Tagen aber durchaus Regionen im Land, die keineswegs den sonnigen und heißen Sommer bekommen. Denn im Osten und später auch im Südosten Deutschlands mischt ein sogenannter Kaltlufttropfen die Wetterküche ordentlich auf.

Als Kaltlufttropfen werden dabei Tiefs mit einer abgeschlossenen Zirkulation bezeichnet, die sich nur in größeren Höhen ausbilden und von der Höhenströmung losgelöst sind. Dabei weisen sie dort im Kern ein lokales Minimum des Geopotentials (vgl. Wetterlexikon, siehe Link) auf und gehen mit kalter Luft im Zentrum des Tiefdruckgebietes einher. Am Boden sind keine für Tiefs typische zyklonale Zirkulationen (Strömungen gegen den Uhrzeigersinn) zu verzeichnen. Ebenso fehlt es einem reinen Kaltlufttropfen an Fronten. Dennoch können Kaltlufttropfen sehr wetteraktiv sein. Oftmals gehen diese mit kräftigen Niederschlägen oder starken Gewittern mit Hagel einher. Bei der Wetteraktivität eines Kaltlufttropfens spielt die Menge an advehierter feuchtwarmer Luft eine wesentliche Rolle. Damit sind Kaltlufttropfen ein gutes Beispiel dafür, dass man für eine gute Wetterprognose alle Höhenschichten genauer unter die Lupe nehmen und sich nicht nur auf die Bodenwetterlage verlassen sollte.

Der mächtige UTZ, der am heutigen Dienstag sein Hauptquartier im Nordseeumfeld einrichtet, sorgt verbreitet für starkes Absinken der Luft aus der Höhe. Bei ihrem Weg gen Boden erwärmt sich die Luft und verdampft auch die letzten Wassertröpfchen, sodass heute in weiten Teilen des Landes die Sonne vom nahezu wolkenlosen Himmel scheinen kann. Eine Ausnahme bildet der Südosten des Landes, wo sich bodennah noch deutlich feuchtere Luft befindet, die im Grenzbereich zu der absinkenden trockenen Luft zunächst noch dichtere Schichtwolken hervorbringt. Allerdings sollten auch diese dem mächtigen Hoch UTZ im Tagesverlauf zum Opfer fallen.

Anders sieht es mit den Wolkenpaketen von Rügen bis zum Oderbruch im äußersten Nordosten aus. Dort hat der erwähnte Kaltlufttropfen seine Finger im Wetterspiel. Dieser hatte sich zuvor von der Höhenströmung gelöst, um eigenständig auf europäische Entdeckungstour zu gehen. Heute Morgen wirbelte er dann mit seinem Kern vor der Ostseeküste Polens. In seinem Umfeld bringt er die Luft zum Aufsteigen, was schließlich zur Wolken- und Niederschlagsbildung führt. Vor allem die Wolken driften am heutigen Dienstag bis in den äußersten Osten Deutschlands. Die Niederschläge sollten jedoch überwiegend auf polnischer Seite verbleiben. Da sich die Zufuhr von warmfeuchter Luft noch in Grenzen hält, kommen aber auch dort die Niederschlagssignale noch recht schwach daher.

Auch in den kommenden Tagen heißt es weiter Hoch UTZ kontra Kaltlufttropfen. UTZ richtet seinen Regierungssitz dabei über dem südlichen Skandinavien und der Ostsee ein und beeinflusst das Wetter weiter bis zu den Alpen und dem Balkan, wäre da nicht dieser kleine aber feine und gleichzeitig umtriebige Tropfen. Dieser wandert auf seiner Tour südwärts zunächst in das Grenzgebiet zwischen Tschechien und der Slowakei, um dann nach Nordösterreich einzuschwenken und schließlich im Raum Passau vorübergehend vor Anker zu gehen. Auf seinem Weg kann sich der Kaltlufttropfen auch intensivieren, bevor ihm erst im Zielgebiet allmählich wieder die Puste ausgeht. Bis einschließlich Mittwoch schiebt der Kaltlufttropfen meist nur dichte Wolkenpakete ins Land. Leichte Niederschläge sind am Mittwoch allenfalls zwischen Neiße und Elbe zu erwarten. Mit Ankunft in Österreich am Donnerstag nimmt die Wetteraktivität aber auch hierzulande bevorzugt im Osten und Südosten deutlich zu. Durch die Intensivierung ist der Kaltlufttropfen nun auch im Bodendruckfeld schwach ausgeprägt zu erkennen. Auf der Südseite zapft er feuchte und warme Adrialuft an und transportiert diese bis in den Osten und Südosten von Deutschland. Die feuchtwarmen Luftmassen führen zu einer Labilisierung in der unteren und mittleren Troposphäre, was die Bildung von Konvektion begünstigt. In Verbindung mit Hebungsprozessen im direkten Umfeld des Tropfens sowie nördlich davon können sich dann teils kräftige Schauer und Gewitter entwickeln, während im Norden, Westen und Südwesten Deutschlands weiter die Sonne vom meist nur gering bewölkten Himmel scheint.

Ab Freitag setzt dann von Südwesten des Landes ein Wetterwechsel ein. In den Hauptrollen des Wettertheaters spielen dann nicht mehr das Hoch UTZ und der kleine Kaltlufttropfen, sondern ein Zentraltief über dem nahen Nordatlantik, dessen Ausläufer auf den europäischen Kontinent übergreifen und auch das Wetter in Deutschland zunehmend bestimmen. Das Wochenende scheint aus derzeitiger Sicht sehr warm bis heiß und feucht daher zu kommen. Eine perfekte Mischung für kräftige Schauer und Gewitter, die viel Regen abladen können. Die neue Woche soll dann schließlich eine Abkühlung bringen. Aber warten wir es einfach ab.


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.06.2020

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