Wo befinden sich auf der Erde die Gebiete mit der höchsten Luftfeuchtigkeit? Dieser Frage geht das heutige Thema des Tages nach.
Fragt man sich, welche Gebiete auf unserem Planeten in Erdbodennähe am feuchtesten sind, so ist diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Das liegt daran, dass man sich zuerst einmal darauf festlegen muss, welches Maß für die Feuchte man denn für die Betrachtung wählt.
So ist unter anderem die relative Feuchte (relative Luftfeuchtigkeit) eine sehr gebräuchliche (und vielleicht die am häufigsten verwendete) Größe zur Angabe des Feuchtegehalts der Atmosphäre. Sie gibt das Verhältnis zwischen der tatsächlich in der Luft befindlichen Wasserdampfmenge und der bei denselben Bedingungen maximal möglichen an. Ist die Luft gesättigt, kann sie also keinen zusätzlichen Wasserdampf mehr aufnehmen, so beträgt die relative Feuchte 100 Prozent. Problematisch bei dieser Größe ist vor allem, dass die Menge des Wasserdampfs, den die Atmosphäre aufnehmen kann, vom Druck und der Temperatur abhängig ist. Mit anderen Worten: Bei Druck- und Temperaturänderungen schwankt der Wert der relativen Feuchte auch dann, wenn die Menge des Wasserdampfs in der Atmosphäre gleich bleibt. Dabei gilt insbesondere, dass die relative Feuchte steigt, wenn die Temperatur sinkt.
Will man stattdessen Aussagen zur absoluten Menge an Wasserdampf in der Atmosphäre machen, so eignet sich für eine solche Betrachtung die sogenannte Taupunkttemperatur (kurz: der Taupunkt). Damit wird die Temperatur beschrieben, auf die man ein Luftpaket abkühlen muss, damit die relative Feuchte 100 Prozent beträgt. Sie liefert ein Maß für die absolute Feuchte in der Luft, ist nicht temperaturabhängig und es gilt, dass die Luft umso feuchter ist, je höher die Taupunkttemperatur liegt.
Zieht man dieses Maß heran, um nach den feuchtesten Regionen auf der Erde zu suchen, so wird man am Persischen Golf fündig. Die beigefügte Abbildung
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/9/13.html) zeigt auf der linken Seite die Taupunkte in der genannten Region. Sie lagen am vergangenen Donnerstagmittag (10. September 2020) meist bei oder knapp unter 30 Grad Celsius. Um solch hohe Taupunkte erreichen zu können, ist ein permanenter Feuchteeintrag in die Atmosphäre nötig. Im Idealfall übernehmen diesen sehr warme Meeresoberflächen. Der Persische Golf ist bei aktuellen Wassertemperaturen von 35 Grad Celsius oder knapp darunter (entsprechende Werte in der Karte in pink) ein hervorragender Feuchtelieferant. Ähnlich gute Bedingungen für hohe Taupunkte finden sich beispielsweise auch am Roten Meer (Wassertemperatur aktuell sogar bis 36 Grad Celsius).
Letztendlich reichen die genannten Bedingungen aber nicht aus. Denn die Feuchte muss sich in den untersten Atmosphärenschichten anreichern können und darf nicht durch Wind oder trockene Einschübe aus der Umgebung wieder abgebaut werden. Folglich ist eine windschwache Druckkonstellation zusammen mit stabilen Schichtungsverhältnissen ebenso wichtig, um sehr hohe Taupunkte zu erreichen. Dass dies am Persischen Golf der Fall ist, sieht man im rechten Teil der Abbildung.
Dieser zeigt die Messungen aus dem Radiosondenaufstieg am internationalen Flughafen von Abu Dhabi am vergangenen Donnerstag um 14:00 MESZ (der im linken Teil der Grafik mit einem roten Kreuz gekennzeichnet ist). Die durchgezogene Linie steht dabei für die Temperatur, die punktierte Linie für den Taupunkt. Man kann im kleinen blauen Kästchen im unteren Teil der Abbildung erkennen, dass die Temperatur bodennah mit der Höhe nur wenig zurückgeht. Das ist ein Zeichen für eine stabile Schichtung, in der sich die Feuchte gut anreichern kann. Erst oberhalb des blauen Kastens verringert sich die Temperatur deutlich mit zunehmender Höhe.
Da die Region darüber hinaus im Subtropischen Hochdruckgürtel liegt, weht meist nur ein schwacher Wind. Letztendlich führen diese Bedingungen dazu, dass die Taupunkte bodennah massiv ansteigen (rotes Kästchen in der Abbildung). Der internationale Flughafen von Abu Dhabi bringt es dabei auf einen Taupunkt von 26,4 Grad Celsius. Spitzenreiter mit 31 Grad Celsius ist ein Schiff vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (gelber Kreis im linken Teil der Abbildung). Glücklicherweise werden in unseren Breiten solch schweißtreibende Taupunkte nicht erreicht.
Dipl.-Met. Martin Jonas/MSc.-Met. Sebastian Schappert Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.09.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst