Eine markante Kaltfront brachte den Alpen eine ordentliche Schneepackung. Doch nachhaltig ist der Wintereinbruch nicht.
In einer von westlichen Winden geprägten Großwetterlage hält milde Atlantikluft das Winterwetter bei uns zurzeit recht erfolgreich im Zaum. Die Kaltfront von Tief LUCY, die am gestrigen Montag (26. Oktober 2020) im Tagesverlauf von West nach Ost über Mitteleuropa hinwegschwenkte, vermochte die milde Meeresluft subtropischen Ursprungs nun aber durch eine - zumindest etwas - kühlere Luft polaren Ursprungs zu ersetzen. Die Temperatur auf der 850-hPa-Druckfläche (in rund 1,5 km Höhe) sank von 5 bis 10 Grad in der vor der Kaltfront lagernden, durch Föhneffekte zusätzlich erwärmten subtropischen Luftmasse mit Föhnzusammenbruch und Kaltfrontdurchzug schlagartig ab auf rund 0 Grad. Die Schneefallgrenze in den zum Teil sehr kräftigen frontalen Niederschlägen folgte der Talfahrt der 0-Grad-Grenze, stieß aber natürlich in noch etwas tiefere Gefilde vor als die selbige. Vorübergehend schneite es so bis auf rund 800 m. In inneralpinen Regionen fiel durch effektive Niederschlagsabkühlung nasser Schnee teilweise sogar bis auf die Talsohlen hinab (z. B. am Innsbrucker Flughafen auf 581 m).
Die Abbildung unter diesem Text auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/10/27.html zeigt links eine Momentaufnahme von Radarbild und Wettermeldungen. Man erkennt, wie bereits am gestrigen Montagnachmittag (17 MEZ) der Regen (grün) hinter der Kaltfront teilweise bis in die Täler in Schnee (rosa) übergeht. Rechts wird die Gesamtschneedecke von gestern (10 MEZ) mit der von heute (7 MEZ) verglichen. Der deutliche Zuwachs im gesamten Alpenraum fällt sofort ins Auge.
Wie kräftig die Niederschläge ausfielen, zeigen die 24-stündigen Niederschlagssummen, die in den Alpen recht verbreitet bei 30 bis 50 l/qm lagen. In Staulagen, beispielsweise im Tessin und in der Lombardei, kamen sogar Mengen zwischen 50 und 90 l/qm zusammen.
In den Hochlagen der Alpen ab etwa 1500 m, wo ein größerer Teil der Niederschläge als Schnee herunterkam, wurden heute Morgen daher nennenswerte Neuschneezuwächse gemeldet. Angegeben ist die Änderung der Schneedecke in Zentimeter zwischen gestern (26.10,2020, 7 MEZ) und heute (27.10.2020, 7 MEZ):
Pitztaler Gletscher (A, 2864 m) 29 cm
Grimsel Hospiz (CH, 1980 m) 25 cm
Alpinzentrum Rudol. (A, 2317 m) 25 cm
Warth (A, 1478 m) 24 cm
Zugspitze (D, 2965 m) 22 cm
Samedan (CH, 1709 m) 19 cm
S. Bernardino (CH, 1639 m) 18 cm
Andermatt (CH, 2286 m) 18 cm
Brünnsteinhaus (D, 1345 m) 18 cm
Disentis (CH, 1197 m) 15 cm
Obere Firstalm (D, 1368 m) 15 cm
Mit jedem Meter in Richtung Tiefland gingen die Neuschneemengen zurück. Dennoch reichte es im Alpenvorland bis etwa 900 m, in inneralpinen Tälern bis 600 m für eine dünne, nasse Schneedecke heute früh:
Oberstdorf-Birgsau (D, 941 m) 5 cm
Kreuth-Glashütte (D, 897 m) 4 cm
Bad Hindelang-Gailenberg (D, 983 m) 3 cm
Immenstadt-Reute (D, 960 m) 2 cm
St. Johann im Pongau (A, 634 m) 2 cm
In den kommenden Tagen geht es dem Schnee aber vielerorts bereits wieder an den Kragen. Mit kräftiger westlicher bis südwestlicher Strömung gewinnen die milderen, teils subtropischen Meeresluftmassen erneut die Oberhand. Damit geht auch die 0-Grad-Grenze in die Höhe - erst auf rund 2000 m, zum Wochenende wahrscheinlich sogar auf deutlich über 3000 m.
Aber es ist ja noch früh in diesem Winterhalbjahr - und die Hoffnung auf einen schneereichen Berglandwinter lebt.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.10.2020
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