Zu Beginn des Dezembers weiß der Winter meist nicht was er will. Theoretisch starten die Meteorologen mit dem Dezember in den Winter obwohl der Sonnenstand es noch nicht zulässt. Aber auch das Wetter schwankt oftmals und so auch in diesem Jahr zwischen Spätherbst und der kalten Jahreszeit hin und her.
Am 1. Dezember ist es wieder soweit. Bei den Meteorologen wird der Hebel auf den Wintermodus gestellt. Während der astronomische Winter erst am 21. Dezember beginnt, wenn die Sonne senkrecht über dem südlichen Wendekreis steht, ziehen die Meteorologen aufgrund der Datenverarbeitung und Auswertung ganze Monate vor. Auch aus Wettersicht pirscht sich der Winter an, hat aber nachhaltig noch wenig Chancen.
Am heutigen Sonntag liegt Deutschland meist noch im Einflussbereich einer Hochdruckzone, die sich ausgehend vom Azorenhoch über dem Atlantik über die Britischen Inseln und Deutschland hinweg bis nach Skandinavien und Nordwestrussland erstreckt. Einhergehend ist verbreitet noch ruhiges Spätherbstwetter Trumpf. Je nach Region zeigt sich dieses neblig-trüb oder freundlich. Gebietsweise fällt im Nordosten und im Süden aus der Nebel oder Hochnebeldecke auch etwas Sprühregen heraus, der nachts bzw. am Morgen bei teils frostigen Böden gefrieren kann. Im Osten ist zudem auch noch ein Tief wetterwirksam, was nur in höheren Luftschichten ausgeprägt ist. Dieses schiebt dichtere Wolkenfelder von Polen her ins Land, die von Rügen bis ins Zittauer Land etwas Regen oder Schneeregen bringen, in höheren Lagen auch Schnee.
Ähnlich startet auch der Montag zum Novemberausklang. Aber von Nordwesten deutet sich schon der Wetterumschwung an. Pünktlich zum Start des meteorologischen Winters am 1. Dezember scheint dieser erstmals auf Tuchfühlung zu gehen und mit seinen Muskeln zu spielen. Der Grund liegt im schwächelnden Hochdruckeinfluss hierzulande. Dagegen bleibt das Azorenhoch auf dem Atlantik genauso stabil wie das Russlandhoch, welches seine Reichweite nicht nur verteidigen, sondern sogar noch südwärts bis zum Balkan und Griechenland ausdehnen kann. In der Schnittstelle beider Systeme klafft jedoch eine Sollbruchstelle, die von atlantischen Tiefs genutzt wird. So steuert schon am Montag ein Tief von Island kommend ostwärts und bildet über Dänemark einen Ableger. Die Folge ist eine Tiefdruckrinne von Lappland bis zu den Alpen, in die auch Tiefausläufer eingebettet sind. Auf der Westflanke der Tiefdruckzone dreht der Wind auf nördliche Richtungen und zapft Polarluft an, die dann über die Nordsee bis nach Deutschland gelangt.
Die Niederschlagsbildung durch das Tief sowie die Hebungsprozesse im Umfeld des Tiefausläufers gepaart mit der einströmenden kälteren Luft lassen in der Mitte sowie im Süden teils bis in tiefe Lagen Schnee fallen und hüllen bevorzugt die mittleren und höheren Lagen vorübergehend in ein weißes Winterkleid. Dabei können von Rheinland-Pfalz über Hessen bis nach Thüringen, Südniedersachsen und den Norden Bayerns am Dienstagmorgen um 8 Uhr 2 bis 7, lokal bis 11 cm Schnee fallen und liegen bleiben. Am Dienstagabend soll die Schneehöhe nach Lesart des deutschen Schneemodells im Süden und der Mitte über 200 Meter 1 bis 6 cm, über 600 Meter 5 bis 10 cm und im Schwarzwald oberhalb von 800 bis 1000 Meter lokal sogar bis 20 cm betragen. Die Schneehöhen in tiefen Lagen unter 200 bis 400 Meter werden von den Modellen tendenziell aber etwas überschätzt. Gerade eingangs in den Winter ist der Bodenwärmestrom selbst nach einer frostigen Nacht noch vorhanden und schmilzt die weiße Pracht von unten.
Auch die Temperaturen sind im meteorologischen Kontext beim Jahreszeitenwechsel durchaus schon wintertauglich. Auf Höchstwerten zwischen -2 und 5 Grad am Montag folgt eine frostige Nacht mit Werten zwischen 4 und -8 Grad. Und auch der Dienstag zeigt allenfalls im Nordwesten und Westen eine Milderung, während im Rest des Landes zum Montag vergleichbare Temperaturen herrschen.
Wenn man sich den weiteren Verlauf der kommenden Wochen anschaut, wird schnell klar, dass der Frühwinter zunächst wohl nur eine Eintagsfliege sein wird. Zwar bleibt uns zunächst der Tiefdruckeinfluss mit einer eher unbeständigen Witterung erhalten, aber von der Nordsee fließt zunehmend wieder mildere Atlantikluft ein. Tagsüber pendeln sich die Höchstwerte von Nordwesten nach Südosten auf Werte zwischen 8 und 0 Grad ein. Nachts bleibt es in der Südosthälfte frostig. Entsprechend kann sich der Frühwinter zunächst bevorzugt nur im südostdeutschen Bergland sowie an den Alpen länger halten. Im restlichen Land übernimmt wieder der zunächst unbeständige und teils windige Spätherbst das Kommando über das Wettergeschehen. Auch das Wetter ist sich also nicht einig, ob eher der Spätherbst am Zug ist oder ob doch schon der Winter durchstarten kann.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.11.2020
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