Am morgigen Samstag, zweiter Weihnachtstag, zieht ein kräftiges Tief von Island zu den Britischen Inseln und am Montag weiter nach Frankreich. Damit endet das ruhige Weihnachtswetter bei uns. Verbreitet wird es stürmisch, auf den Berggipfeln droht Orkan.
Im Moment dominiert in Deutschland seichtes und eher mildes Wetter. Zwar fließt allmählich kühlere Luft ein, aber das von vielen lang ersehnte "Weiß" lässt sich nur in den Bergen oder in den südlichen Landesteilen finden. Dazu weht meist schwacher oder mäßiger Wind.
Ab morgen ändert sich die Lage, denn Deutschland gelangt zunehmend auf die Vorderseite eines kräftigen Tiefdruckgebietes, das sich von Island auf den Weg zu den Britischen Inseln macht. Es wurde von der Freien Universität zu Berlin auf den Namen HERMINE getauft, was so viel heißt wie Kriegerin oder Kämpferin. Der Kerndruck des Tiefs am morgigen Samstag über dem Meer kurz vor Schottland wird aktuell mit 950 hPa berechnet. Auf dem Weg südwärts Richtung Frankreich füllt sich das Tief langsam auf. Wenn es in der neuen Woche Deutschland erreicht, liegt der Kerndruck nach aktuellen Rechnungen bei etwa 980 hPa.
Einige mögen sich jetzt an Weihnachten 1999 erinnern, wo Orkan LOTHAR für gewaltige Schäden und auch Todesopfer sorgte, aber HERMINES Zugbahn unterscheidet sich wesentlich. LOTHAR bildete sich als Randtief über der Biskaya und zog vom Ärmelkanal über Süddeutschland hinweg in Richtung Polen. HERMINE hingegen zieht bereits voll entwickelt von Island südwärts über die Britischen Inseln nach Frankreich. Dort wird das Tief wieder einen nördlichen Kurs einschlagen und unter Auflösungserscheinungen voraussichtlich in der Nacht zum Dienstag den Westen oder Südwesten Deutschlands erreichen. Zudem ist HERMINE bereits in den Karten deutlich zu erkennen, es wird also keine Überraschung, wie es LOTHAR 1999 war.
Für unser Wetter bedeutet das Tiefdruckgebiet zum einen die Zufuhr wieder deutlich milderer Atlantikluft aus Südwesten, zum anderen aber auch verbreitet Sturmböen, im Bergland und an den Küsten schwere Sturmböen, auf den Gipfeln der Alpen und der Mittelgebirge ist mit Orkanböen zu rechnen. Die ersten Böen werden an den Küsten bereits am Samstagabend erwartet, in der Nacht zum Sonntag breitet sich der Wind allmählich südwärts aus und erreicht im Laufe des Sonntags sein Maximum in Deutschland. Nach kurzer Beruhigung am Montag frischt der Wind in der Nacht zum Dienstag erneut auf, erreicht aber voraussichtlich nur noch in den Berglagen Sturmstärke.
Dennoch kann es nicht schaden, einige Vorkehrungen zu treffen und sich auf den Sturm ab Samstagabend einzustellen. Vor allem in den nördlichen und westlichen Landesteilen, wo die höchsten Windgeschwindigkeiten abseits der Berglagen erwartet werden, sollten lose Gegenstände im Garten oder auf Balkonen befestigt werden. Auch das restliche Herbstlaub sollte man nun aufnehmen, damit es die Gullis und Abflüsse nicht verstopfen kann. Neben kräftigem Wind kann es nämlich vor allem im Westen und Südwesten der Republik kurzzeitig auch mal stärker regnen. In den Mittelgebirgen fällt oft Schnee, was in Verbindung mit dem Wind für gefährliche Straßenverhältnisse sorgen kann.
Zu guter Letzt empfiehlt sich auch der wiederholte Blick in die Wetter und Warn Apps oder auf die Webseiten des Deutschen Wetterdienstes. Dort gibt es rund um die Uhr aktualisierte Informationen und Warnungen.
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.12.2020
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