Dieser Winter gibt (uns) wirklich alles. Fast überall in Deutschland hat man bis heute Schnee zumindest gesehen, wenn er auch an einigen Orten nicht lang liegen blieb. Vergangenen Mittwoch gab es zudem ein seltenes Schauspiel: Wintergewitter.
Der große Schneefall im Südwesten unseres schönen Landes hört aktuell (Freitagvormittag) gerade auf. Insgesamt sind zwischen Schwarzwald und Werdenfelser Land seit Mittwochmorgen 30 bis 50 cm Schnee gefallen. Im Allgäu wurden im gleichen Zeitraum sogar 60 bis 80 cm Neuschnee registriert. Auch am Oberrhein und am Bodensee hat es einige Zentimeter Schnee gegeben. Kurzum: Der Winter hat den Südwesten verbreitet in ein weißes Kleid gehüllt.
Grund für den Schneefall war eine Luftmassengrenze, die von Großbritannien bis in den Alpenraum reichte und sich über einen längeren Zeitraum kaum bewegte. An ihr gab es großflächige Hebung, die für Niederschläge sorgte. Dabei lag der Südwesten Deutschlands auf der "kalten Seite" und es kam zu den lang anhaltend und ergiebigen Schneefällen.
Im Osten hat es ebenfalls wiederholt geschneit und es fällt auch noch weiter Schnee, allerdings mit deutlich geringerer Intensität. Dort hat es vor allem im Bergland bis zum Freitagmorgen für 5 bis 10 Zentimeter Neuschnee gereicht, aber auch sonst konnte sich zumindest kurzzeitig eine dünne Schneedecke bilden. Bemerkenswert und für einige sicherlich ein einmaliges Erlebnis waren die Gewitter am Mittwochnachmittag und Abend. Ursächlich dafür war hochreichend kalte Luft (bis -40 Grad in 500 hPa), die von Tief DIMITRIOS von Südskandinavien über die Ostsee und weiter nach Polen gelenkt wurde. Sie sorgte für eine instabile Schichtung der Luftmassen, was in einem raschen vertikalen Aufstieg der feuchten Luft resultierte und so die Gewitter hervorrief.
Mit dem Aufzug der zum Tief gehörigen Kaltfront von Norden her gab es die ersten Gewitter bereits am Mittag in Schleswig-Holstein. Mit dem Vorankommen der Front südwärts bildete sich zunächst eine schwache Gewitterlinie an der Frontalzone, die am Nachmittag von der Nordsee über Hamburg bis nach Mecklenburg reichte. Auf dem weiteren Weg süd-südostwärts wurden die Gewitter kräftiger und mehr.
Gegen 18 Uhr reichte die Linie von Hannover über Braunschweig bis nach Berlin und gegen 20 Uhr vom Burgenland bis in die Lausitz. An ihr gab es kurzzeitig heftige Schneegewitter, die in kurzer Zeit für weiße und glatte Straßen sorgten. Auch Wind- und stürmische Böen waren Begleiterscheinungen, sodass der Schnee teils waagerecht fiel. Bei der weiteren Verlagerung südwärts schwächten sich die Gewitter rasch ab und nach Mitternacht gab es nur noch einzelne Blitze über Bayern.
Warum sind Wintergewitter in Mitteleuropa so selten? Es fehlt der Antrieb der Sonne. Im Sommer sorgt meist die starke Sonneneinstrahlung für einen sehr warmen Boden und so reicht eine relativ kalte Luft in der Höhe für die Gewitterbildung aus. Im Winter fehlt der "Sonnenmotor". Es muss also sehr kalte Luft in höheren Schichten einfließen, damit eine genügende Instabilität erzielt wird. Zudem muss es in den unteren Luftschichten ausreichend feucht sein, damit die aufsteigende Luft kondensieren und sich Gewitter bilden können.
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.01.2021
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