Winter kontra Frühling oder auch frostiger Norden und milder Südwesten. Ein Duell mit viel Niederschlag - Hochwasser an den Flüssen, Frühlingstemperaturen am Oberrhein und Winterfeeling von der Nordsee bis nach Brandenburg.
Das Wetter in Deutschland kann sich derzeit nicht wirklich für den Winter oder den Frühling entscheiden. Allerdings scheint die milde Luft subtropischen Ursprungs mittelfristig in größeren Teilen des Landes die Oberhand zu behalten. Aber der Reihe nach.
Seit letzten Mittwoch, den 27. Januar, wird das Wetter in Deutschland von einer Luftmassengrenze dominiert (siehe auch Thema des Tages vom 28. Januar, Links). Dabei konnte milde Luft subtropischen Ursprungs die kalte Polarluft nach Norden schieben und im Südwesten bei Höchstwerten bis 14 Grad ein erstes Frühlingsfeeling auslösen. Die milde Subtropikluft war aber auch mit viel Wasser vollgesogen, sodass kräftige und länger anhaltende Niederschläge auftraten. Im Grenzbereich der Luftmassen sowie auf der Nordseite kam es dagegen zu teils kräftigem Schneefall. Als Folge fielen in den vergangenen drei Tagen im Süden, dem Westen und der Mitte verbreitet 20 bis 50 l/qm, regional wie in Mittel- und Osthessen, der Eifel, im Schwarzwald und dem Allgäu auch 50 bis 90, örtlich teils sogar über 100 l/qm (vgl. Graphik 1). Zusammen mit der Schneeschmelze bis in die Hochlagen der Berge kamen Abflussmengen von 100 bis 200 l/qm zusammen und ließen vielerorts Bäche und Flüsse gefährlich ansteigen. Auf der anderen Seite verzauberte der Schnee die Regionen von der Nordsee bis nach Südbrandenburg und Ostsachsen in ein weißes Winterwunderland. Schlittenfahren auf den Nordseeinseln ist ja nicht so häufig möglich.
Am heutigen Samstag kann sich nun das Hoch FERDINANDEA nördlich von Schottland einnisten und bildet somit den Südteil einer Hochdruckzone, die sich von Grönland über Island südwärts erstreckt. Weiter östlich über Nordosteuropa wirbelt gleichzeitig das Tief MALTE. Zwischen FERDINANDEA und MALTE wird Polarluft südwärts bis nach Deutschland geführt. Dort trifft diese weiter auf die milde subtropische Luft, welche nun die Tiefs Peter I und II zwischen England und Frankreich bzw. Ostfrankreich auf der Vorderseite über die Alpen hinweg ins Land schaufeln (vgl. Graphik 2). Im Duell der Luftmassen kann am heutigen Samstag die kalte Luft noch etwas Raum nach Süden gewinnen, wobei die Regionen vom Oberrhein bis zum Alpenrand wohl weitgehend auf der warmen Seite verbleiben. Somit fällt im Süden auch noch überwiegend Regen, sodass dort das Tauwetter bis teils in höhere Lagen anhält. In der Mitte, auf der Nordseite der Luftmassengrenze, gehen die Niederschläge dagegen bis in tiefe Lagen wieder in Schnee über. Größere Schneemengen sind aber nicht zu erwarten. Den Norden hat die Polarluft komplett für sich eingenommen. Über Schnee sind die Temperaturen stark abgesunken und zeigten am Morgen teils Werte zwischen -5 und -10 Grad. Gegenüber den anderen Regionen scheint im Küstenumfeld zudem vielerorts die Wintersonne.
Auch die nächsten Tage stehen voll im Zeichen der Luftmassengrenze. Von Grönland bis nach Skandinavien etabliert sich der hohe Luftdruck und über Osteuropa bleibt als Gegenpart tiefer Luftdruck Trumpf. Somit kann auch in den kommenden Tagen kalte Polarluft über Skandinavien und die Ostsee hinweg Richtung Mitteleuropa strömen. Da aber gleichzeitig über dem Atlantik ein kräftiges Tief wiederholt Ableger mit milder subtropischer Luft nach West- und Nordwesteuropa schickt, bleibt Deutschland demnach das Spielfeld der Luftmassen. Nach derzeitigen Berechnungen soll sich die Luftmassengrenze wieder zunehmend in die nördliche Mitte des Landes verschieben. In der gesamten Südhälfte würde dann bis in höhere Lagen wieder Regen dominieren. In einem Streifen über die nördliche Mitte hinweg wären dagegen Schnee, Schneeregen oder auch gefrierender Regen auf der Agenda. Außen vor bleibt der Norden und Nordosten, wo abgesehen von einzelnen Schneeschauern an der See bei frostigen Temperaturen auch häufiger die Sonne scheinen kann.
Insgesamt bleibt im Süden und der Mitte Deutschlands über die Wochenmitte hinweg somit der unbeständige, niederschlagsreiche Wettercharakter bestehen. Da die Schneedecke bis in höhere Lagen der Mittelgebirge weitgehend ab-, in den Alpen zumindest zusammengeschmolzen ist, rückt nun eher der Dauerregen statt dem Tauwetter in den Fokus. Von Sonntag bis einschließlich Mittwoch sollen im Süden und Westen des Landes erneut verbreitet 20 bis 40 l/qm, vom Saarland bis zum Hochrhein und dem Allgäu auch bis 60 l/qm fallen. In Weststaulagen sind auch etwas höhere Summen möglich. Die Wasserstände an den Flüssen bleiben demnach auf hohem Niveau.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.01.2021
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