Typisches Aprilwetter mit spätwinterlichen Zügen steht wettertechnisch in den kommenden Tagen auf dem Programm. Die Pflanzenwelt hat aber "erkannt", dass der Frühling nicht aufzuhalten ist. Phänologisch befinden wir uns im Erstfrühling. Neben den Temperaturen ist hier auch die Tageslänge entscheidend - und da tut sich im April definitiv einiges.
Das Wetter stellt sich am heutigen Ostermontag um und kippt noch mal mehr in Richtung Spätwinter. Eine Kaltfront überquert Deutschland im Tagesverlauf von Nord nach Süd und führt eine sehr kalte, arktische Polarluft ins Land. Daher gehen die Niederschläge von Norden her zunehmend in Schnee über und auch nach Frontdurchgang treten immer wieder Schnee-, Schneeregen- oder auch Graupelschauer sowie lokale Gewitter auf. Das Wetter ganz im Süden zeigt sich zwar zunächst noch von einer freundlicheren Seite, aber auch dort nimmt die Bewölkung allmählich zu und die Front erreicht am Abend die Alpen. Dort fällt dann bis in die Täler und bis in die Morgenstunden des morgigen Dienstags Schnee. Und das "winterlich" geprägte Aprilwetter mit verbreiteten Schauern in Begleitung der festen Phase und kurzen Gewittern hält bis in die Wochenmitte an.
Dennoch lässt sich beim Blick in die Natur nicht leugnen, dass sich der Frühling mittlerweile eingestellt hat. Phänologisch betrachtet, befinden wir uns im sogenannten Erstfrühling. In der Phänologie werden die Jahreszeiten mit Hilfe der Wachstumsphasen ausgewählter Pflanzenarten bestimmt. Im Gegensatz zur kalendarischen Definition, bei der der Sonnenstand den Beginn der einzelnen Jahreszeiten bestimmt und damit wenig Variabilität aufweist, hängen die phänologischen Jahreszeiten von den Entwicklungsstadien der Pflanzenwelt ab: Blühbeginn, Beginn der Blattentfaltung, Reifegrad der Früchte und schließlich im Herbst von Laubverfärbung und Laubfall. Mit Hilfe dieser sogenannten Leitphasen unterschiedlicher Pflanzenarten werden Frühling, Sommer und Herbst jeweils in 3 Phasen unterteilt. Ein deutschlandweites Netzwerk ehrenamtlicher Beobachter meldet, wann und wo bestimmte Wachstumsphasen auftreten. Entsprechende Grafiken zur aktuellen Pflanzenentwicklung können auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes im Bereich Fachnutzer und Freizeitgärtner (siehe Grafik unten bzw. https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/freizeitgaertner/2_pflanzenentwicklu ng/_node.html) abgerufen werden. Hier zeigt sich gegenwärtig anhand der Forsythienblüte, dass in weiten Teilen Deutschlands der Erstfrühling Einzug gehalten hat. Die Leitphasen für den Beginn des Erstfrühlings sind neben der Forsythienblüte auch die Blüte von Traubenhyazinthen, Buschwindröschen und Himmelschlüssel, der Austrieb von Rosskastanie, Eberesche und Hängebirke oder die Nadelentfaltung der Europäischen Lärche. Im weiteren Verlauf des Erstfrühlings Entfalten Rosskastanien, Schwarzerlen und Hängebirken ihre Blätter, Schlehen und Spitzahorn stehen in Blüte ebenso wie Tulpen und Narzissen.
Die Entwicklung der Pflanzenwelt ist dabei nicht allein von meteorlogischen Einflussfaktoren wie der Temperatur abhängig, sondern wird zum Beispiel auch vom Sonnenstand bzw. der Tageslänge beeinflusst. Und in punkto Tageslänge tut sich im April einiges. Unter www.dwd.de/tagesthema bzw. im Anhang befindet sich eine Tabelle der Sonnenauf- und -untergangszeiten für Berlin und Frankfurt am Main und die entsprechende Änderung der astronomisch möglichen Tageslänge, auch im Vergleich zu den Folgemonaten. Hier zeigt sich, dass der April den größten "Zuwachs" an Tageslicht zu verzeichnen hat. Je nach geografischer Lage nimmt die Tageslänge im Verlauf des Aprils bis zu knapp zwei Stunden zu, im Mai sind es "nur noch" durchschnittlich etwa eineinhalb Stunden und im Juni nur noch ein paar Minuten bis zur Sommersonnenwende. Ende Juni nimmt die Tageslänge bereits wieder ab. Kein Wunder also, dass die Natur im Frühjahr förmlich zu explodieren scheint und an jeder Ecke etwas sprießt und blüht. Bleibt zu hoffen, dass die Natur insgesamt noch nicht so weit entwickelt ist, dass der aktuelle Wetterumschwung und die verbreitet zu erwartenden Nachtfröste Schäden an Kulturpflanzen verursachen. Gebietsweise zeigen sich ja bereits "wilde" Obstgehölze wie Schlehen, Wildpflaumen oder auch manche Wildkirschen in Blüte und auch erste Meldungen der phänologischen Beobachter zur Blüte von Süßkirsche und Apfel sind aus den westlichen oder südwestlichen Landesteilen bereits eingegangen, vor allem entlang der Niederungen von Rhein, Ruhr, Neckar oder Ems. Damit stehen wir phänologisch betrachtet an der Schwelle zum sogenannten Vollfrühling (siehe auch "Phänologische Uhr" im Anhang bzw. unter www.dwd.de/tagesthema) - auch wenn das wettertechnisch wohl kaum jemand glauben möchte.
Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.04.2021
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