Der Start in den Juni wird in Teilen des Landes von teils starken oder schweren Gewittern begleitet. Doch was steckt hinter diesen Formulierungen und wie sind die Warnstufen für Gewitter im DWD definiert?
Pünktlich mit dem meteorologischen Sommerbeginn am zurückliegenden Dienstag hat sich auch das Wetter auf Sommer eingerichtet. Zunächst war die Luftmasse noch weitgehend trocken und erwärmte sich zusehends. Seit Mittwoch ergaben sich dann allmählich die richtigen atmosphärischen Zutaten für die Gewitterbildung. Mit einer sich über Frankreich formierenden Tiefdruckrinne sickerte zum einen zunehmend feuchte und labile Luft in die West- und Südwesthälfte. Zunächst gab es nur einzelne Gewitterentwicklungen an der Orographie der Mittelgebirge, indem die Luft an deren Hänge zum Aufsteigen gezwungen wurde. Mit dem langsamen Vordringen der Tiefdruckrinne in die Westhälfte Deutschlands am gestrigen Donnerstag beschränkte sich die Gewitteraktivität nicht mehr nur noch auf die Mittelgebirgsregionen. Die Tiefdruckrinne ist durch eine Windkonvergenz geprägt. Per Definition kommt dabei der Wind am Boden aus unterschiedlichen Richtungen. Während also aktuell der Wind in der Westhälfte aus südwestlichen bis westlichen Richtungen weht und die feucht-labile Luft im Gepäck hat, strömt in den östlichen Regionen trockene Festlandsluft aus Ost bis Nordost ein. Dort wo die Luft zusammenströmt, wird sie gezwungen aufzusteigen und generiert so einen Hebungsantrieb, der die Entstehung von Gewittern begünstigt.
Am heutigen Freitag und am Wochenende dürfte diese Konvergenzzone etwa von Niedersachsen über die Mitte des Landes bis nach Bayern reichen und unserer Warnkarte einige orangefarbene bis rote, eng begrenzt auch violette Farbtupfer bescheren. An sich ist die Farbe der Warnung bereits ein eindeutiger Hinweis auf die Gefährlichkeit der Gewitterentwicklung. Allerdings sind auch die in jeder Warnung enthaltenden Zusatzinformationen zu beachten. Unter anderem kann daraus entnommen werden, von welchem Parameter die höchste Gefahr ausgeht.
Die "gelben" Gewitterwarnungen entsprechen der niedrigsten Kategorie auf der vierstufigen Warnskala. Naturgemäß steht jedes Gewitter in unmittelbaren Zusammenhang mit einer erhöhten Blitzgefahr. Es kann jedoch nicht nur im Kernbereich des Gewitters blitzen, sondern auch in deutlicher Entfernung von diesen. Windböen bis 60 km/h können bei dieser Gewitterkategorie eine Begleiterscheinung sein.
Die "orangefarbenen" Gewitterwarnungen zählen zu den markanten Wettererscheinungen, die vereinzelt oder örtlich mit Schäden einhergehen können. In den regionalen und nationalen Wetterberichten wird diese Gewitterklasse über den Ausdruck "starkes Gewitter" kommuniziert. Dabei können je nach atmosphärischer Konstellation zahlreiche Kombinationen aus Begleiterscheinungen an die Gewitter gekoppelt sein. Unter die Begleiterscheinungen fallen Sturmböen oder schwere Sturmböen zwischen 65-100 km/h, Starkregen von 15-25 Liter pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde sowie Hagel mit einer Korngröße unter 1,5 Zentimeter.
Die "rote" Warnkategorie fällt bereits unter die amtlichen Unwetterwarnungen und wird als "schweres Gewitter" in den Wetterberichten geführt. Einhergehend nimmt damit das mögliche Schadenspotential zu. Aufenthalte im Freien sollten ab dieser Kategorie möglichst vermieden werden. Auch bei schweren Gewittern ergeben sich alle möglichen Kombinationen aus den Begleiterscheinungen. Häufig stehen Gewitter mit kräftigem Regen in Verbindungen. Erreicht dieser eine Rate von 25-40 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde, fällt dieser in die Kategorie "heftiger Starkregen". Bei diesen Regenraten würde das Wasser nach einer Stunde im vom Gewitter betroffenen Gebiet zwischen 2,5 bis 4 cm pro Quadratmeter stehen. Das klingt auf dem Papier nicht viel, kann aber vor allem in bebauten und auf versiegelten Flächen zu Problemen führen. Überschwemmte Unterführungen oder Keller sind dann schon häufiger anzutreffen. Bei der aktuellen Wetterlage ist die Luftmasse in der Tiefdruckrinne mit sehr viel Feuchtigkeit angereichert und die Verlagerung der Gewitterzellen ist oft nur sehr langsam. Daher wird vor allem der heftige Starkregen der entscheidende Faktor für die Ausgabe von Unwetterwarnungen sein. Unerwähnt sollte jedoch an dieser Stelle nicht bleiben, dass auch orkanartige Böen oder Orkanböen von über 105 km/h oder Hagel mit einer Korngröße von mehr als 1,5 cm eine rote Gewitterwarnung hervorrufen können. Aufgrund fehlender Dynamik spielt aber der Wind in Form von stürmischen Böen oder Sturmböen (Bft 8-9) als Begleiterscheinung aktuell nur eine untergeordnete Rolle.
Fallen die Begleiterscheinungen bei Gewittern noch heftiger aus, dann wird die höchste Kategorie der "extremen Gewitter" erreicht. Dieser entspricht der dunkelroten oder violetten Warnstufe vor extremem Unwetter. Die erwartete Wetterentwicklung ist dann als extrem gefährlich einzustufen, wobei lebensbedrohliche Situationen und größere Schäden und Zerstörungen auftreten können. Extreme Gewitter können von extremen Orkanböen von über 140 km/h, großkörnigem Hagel und extrem heftigen Starkregen begleitet sein. Extrem heftiger Starkregen umfasst dann Regenraten von mehr als 40 Liter pro Quadratmeter innerhalb von einer Stunde. Örtlich eng begrenzt sind solche Regenmengen heute und in den kommenden Tagen nicht ausgeschlossen. Die erwähnten extremen Böen sind als Begleiterscheinung ausgeschlossen.
Verfolgen Sie daher derzeit bitte unsere Warnungen über unsere Website oder mit einem Blick in unsere WarnWetter-App besonders aufmerksam.
M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.06.2021
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