Der große Knall

Die bereits im gestrigen Thema des Tages beleuchtete Schwergewitterlage erreicht heute ihren ersten Höhepunkt. Wir schauen auf die aktuell neuesten Entwicklungen.

Die schwülheiße Luft hält Deutschland auch heute noch weiter im Griff.
Im Osten Deutschlands wird es dabei heute nochmals brütend heiß bei Temperaturen von bis zu 37 Grad.
Aber auch im Westen werden nochmals Werte um 30 Grad erreicht. Zu schaffen macht einem aber vor allem die hohe Luftfeuchte. Verbreitet liegen die Taupunkttemperaturen bei 17 bis 20 Grad. Es ist also zunächst noch weiter Schwitzen angesagt.

Zunächst aber ein Blick auf die Vorgeschichte: Am gestrigen Abend zogen bereits schwere Gewitter von Frankreich nach Deutschland. Bereits in Frankreich richteten diese am gestrigen Nachmittag teils schwere Schäden an.
So wurden zum Beispiel Kirchturm und -dach im westfranzösischen Saint-Nicolas-de-Bourgueil von einem starken Tornado zerstört. In der Nacht verclusterten dann diese Gewitter zunehmend und zogen als mesoskaliges konvektives System (MCS) über das nördliche Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen hinweg. Dabei wurde unter anderem im rheinland-pfälzischen Büchel eine schwere Sturmböe von 96 km/h gemessen.
Dazu gab es heftigen Starkregen, in Nordrhein-Westfalen stellenweise mit mehr als 40 mm innerhalb einer Stunde.

Diese Werte sind schon ein Vorgeschmack auf das, was ab dem heutigen Abend und in der kommenden Nacht bevorsteht.
Ab dem späten Nachmittag ziehen aus Frankreich kommend neue Gewitter über dem äußersten Südwesten auf.
In sehr labiler und feuchter Luftmasse können sich in gut gescherter Umgebung rasch organisierte Gewitter bilden.
Neben zunächst möglicherweise auftretenden Superzellen verclustern die Systeme voraussichtlich recht rasch und bilden eine zusammenhängende Gewitterlinie, die dann zunehmend an Länge gewinnt. Eine Squall-Line entsteht.

Die Unwetterparameter an einer solchen Squall-Line sind dabei nicht zu unterschätzen.
In diesem Fall wird auf der vollen Unwetterklaviatur gespielt. Von Starkregen über großen Hagel bis hin zu Orkanböen von deutlich über 120 km/h ist alles vertreten, was das Spektrum zu bieten hat. Angesichts teils erheblicher Richtungs- und Geschwindigkeitsscherung in tiefen troposphärischen Schichten lassen sich selbst einzelne Tornados nicht ganz ausschließen.

Wie stark sich das System letztendlich entwickelt, und auf welcher Bahn genau es gen Nordosten ziehen wird, ist wieder einmal eine Frage des Nowcastings.
Zum Zeitpunkt der Artikelerstellung scheint das ICON-D2-Modell bei der Vorhersage die Nase vorn zu haben.
Andere konvektionsauflösende Modelle zeigen dabei Entwicklungen mit sehr ähnlichem Potential, allerdings gibt es durchaus größere Unterschiede in der räumlichen Entwicklung.
Misstrauisch zeigt man sich vor allem denjenigen Modellen gegenüber, bei denen bereits in den ersten Zeitschritten die aktuelle Wetterlage offensichtlich nicht so gut erfasst wurde.
Eine gute Erfassung des Anfangszustandes ist immer notwendig, wenn man kleinräumige Entwicklungen auf wenigen hundert Kilometern hinreichend genau erfassen möchte.

Zu guter Letzt bleibt dann, abzuwarten und der Dinge zu harren, die da kommen.
Um keine bösen Überraschungen zu erleben, hilft der Blick auf die aktuelle Warnlage unter www.dwd.de sowie der regelmäßige Blick auf das Niederschlagsradar.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.06.2021

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