Von "faulen" und "sportlichen" Gewitterzellen


Vergangenen Sonntag konnte man über Deutschland einerseits rasch ziehende Schauer- und Gewitterzellen beobachten und andererseits solche, die kaum vom Fleck kamen. Mehr dazu im heutigen Thema des Tages.


Tief MANFRED hat sich Richtung Südosteuropa verabschiedet. "Endlich!" wird sich mancheiner denken, hatte MANFRED in den letzten beiden Tagen doch für zum Teil ordentlich Tumult in unserer Wetterküche gesorgt.

Naja, so ganz weg ist das Tief allerdings noch nicht, denn zumindest am heutigen Dienstag sorgt es im Südosten Deutschlands weiterhin für viele Wolken, aber kaum noch Regen. Am Mittwoch macht sich dann auch dort Hoch GAYA bemerkbar - mit viel Sonnenschein, der heute bereits in weiten Teilen des Landes vorherrscht.

Das Wetter hat sich in Deutschland also beruhigt, daher nehmen wir uns doch die Zeit und schauen noch einmal zurück auf MANFRED, genauer genommen auf den vergangenen Sonntag. Wenn man die Gewitterlage so auf dem Radarschirm verfolgt hatte, fiel einem auf, dass sich die Zellen teilweise sehr schnell von A nach B fortbewegten. Teilweise kamen sie aber auch so gut wie überhaupt nicht von der Stelle (siehe Grafik unter https://t1p.de/97gw). Wie kam es denn bitte dazu?

Der Grund hierfür lag darin, dass Tief MANFRED am Sonntag nur langsam über Norddeutschland ostwärts zog. Genau genommen war MANFRED sogar Teil einer Tiefdruckrinne, also einer langgezogenen Tiefdruckzone über Norddeutschland, die nur sehr gemächlich nach Osten vorankam. Eine ähnliche Druckverteilung zeigte sich auch in höheren Luftschichten. Da sich die Luft um ein Tiefdruckgebiet auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn bewegt, konnten sich so die Schauer- und Gewitterwolken am Südrand von MANFRED in einer lebhaften westlichen Strömung recht rasch von West nach Ost ziehen. Das taten sie an jenem Tag oftmals recht sportlich mit rund 40 bis 60 km/h.

Im Norden dagegen, also innerhalb der Tiefdruckzone, war es sowohl am Boden (abseits von Gewitterböen) als auch in höheren Luftschichten windschwach und die Zuggeschwindigkeit der Schauer und Gewitter entsprechend gering. So konnten sich die "faulen" Zellen mehr oder weniger an Ort und Stelle ausregnen, was letztlich in einstündigen Regenmengen von z.B. 39 l/m² im niedersächsischen Schwarme mündete.

Am Sonntagabend erreichte MANFRED schließlich den Osten Deutschlands, sodass sich nun dort die Schauer und Gewitter, die mittlerweile zu einem größeren Komplex zusammengewachsen waren, nur sehr langsam vom Fleck bewegten. Dazu wurden dann im Laufe der Nacht zum und am Montag schauerartige Regenfälle von Polen her um die Nordflanke von MANFRED herum ins Land geführt. Diese hatten zwar nun wieder eine höhere Zuggeschwindigkeit, allerdings zogen sie immer wieder über dieselben Regionen hinweg. Somit lassen sich auch die zum Teil enormen Regenmengen von lokal über 100 l/m² erklären.

Was sich ansonsten am Sonntag noch so alles beim Wetter abspielte, wurde bereits im gestrigen Thema des Tages
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/8/23.html) ausführlich beschrieben.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.08.2021

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