Die Hochdruckwetterlage der vergangenen Tage hatte nicht nur warmes Spätsommerwetter zur Folge, sondern man konnte in den Nächten abgesehen von den Nebellöchern wunderbar den Sternhimmel bewundern. Immerhin wird es jetzt schon deutlich früher dunkel als noch im Hochsommer, trotzdem sind die Temperaturen in den Abendstunden immer noch angenehm.
Normalerweise ist der Herbst nicht der Freund von Sternguckern und Hobbyastronomen, denn häufig gibt es Nebel und Dunst. Nicht so in den vergangenen Tagen, denn eine außergewöhnliche Hochdruckwetterlage sorgte für zahlreiche klare Nächte.
In den Abendstunden lassen sich derzeit im Zenit und im Süden noch die Sommersternbilder beobachten. Die hellsten Sterne Altair, Wega und Deneb bilden das sogenannte "Sommerdreieck". Währenddessen sieht man im Nordosten und Osten schon die typischen Herbstgestirne mit Kassiopeia (dem Himmels-W), Andromeda und Perseus die zunehmend an Höhe gewinnen. Im Südosten leuchtet zudem der Jupiter als hellster "Stern". Der nächste helle Stern westlich davon ist der Planet Saturn. Kurz nach Sonnenuntergang sieht man die schmale Mondsichel neben der Venus. In dunklen, ländlichen Gegenden lässt sich das Band der Milchstraße erkennen, das sich jetzt von Nordosten über den Zenit nach Westen erstreckt. Sie ist das Gebiet der galaktischen Ebene, in dem sich mit einem Teleskop oder einem guten Fernglas zahlreiche Sternhaufen und Wasserstoffnebel beobachten lassen.
Voraussetzung für einen gut sichtbaren Sternhimmel ist nicht nur allein der wolkenfreie Himmel. So beeinflussen weitere atmosphärische Einflüsse das Sternenlicht auf seinem Weg durch die Atmosphäre. Ein wichtiger Faktor ist die Luftfeuchtigkeit. Bei hoher Luftfeuchtigkeit bildet sich Dunst, der das Licht der Sterne streut und somit schwächt. Für einen "guten" Himmel ist also eine niedrige relative Luftfeuchtigkeit von Nöten. Unter anderem deshalb stehen auch viele große Observatorien in der Wüste. Eine trockene Atmosphäre ist allerdings noch kein Garant für gute Beobachtungsbedingungen. Bei der Beobachtung mit Teleskopen spielt die Luftunruhe bei stärkeren Vergrößerung eine zunehmende Rolle. Bei Luftunruhe wird das Licht der Sterne unregelmäßig abgelenkt (unregelmäßige Brechung). Daher kommt auch das Funkeln der Sterne. Im Teleskop fängt das Bild an zu flimmern und wird unscharf, Astronomen sprechen auch von Seeing. Für Luftunruhe und damit schlechtes Seeing sind hauptsächlich Turbulenzen in der unteren Atmosphäre oder stärkere vertikale Temperaturgegensätze verantwortlich.
Doch der wichtigste Faktor bei der Sternbeobachtung ist die Lichtverschmutzung. Durch die kostengünstige LED-Beleuchtung wird die Nacht immer mehr zum Tag gemacht. Das künstliche Licht wird dabei in der Atmosphäre gestreut und hellt den Nachthimmel auf. Bei einem unverschmutzten Himmel lassen sich tausende von Sternen mit bloßem Auge beobachten. In großen Städten erkennt man jedoch nicht mal mehr die hellen Sternbilder. So haben viele Städter noch nie die Milchstraße gesehen.
Fotografisch kann man mit längeren Belichtungszeiten jedoch auch in der Stadt noch Astronomie betreiben, wie das Bild des östlichen Cirrusnebels, auch genannt "Die Hexenhand", das der Autor in den vergangenen Nächten in einem Vorort von Frankfurt am Main aufnehmen konnte, zeigt. Der Cirrusnebel ist der Überrest einer gewaltigen Supernova, die vor etwa 8000 Jahren in 2400 Lichtjahren Entfernung stattfand. Durch die Sternexplosion wurden Teile der Gashülle des Sterns ins All geschleudert und treiben nun als Filamente aus ionisiertem Gas durchs All. Für dieses Foto wurde ein Linienfilter verwendet, der speziell auf die Spektrallinien dieser ionisierten Gase reagiert und einen Großteil des Stadtlichtes blockiert. Es handelt sich dabei um ein Falschfarbenbild, wobei blau ionisierten Sauerstoff und rot ionisierten Wasserstoff zeigt. Zu Zeiten der chemischen Fotografie waren solche Bilder nur den großen Observatorien oder wenigen Spezialisten mit großem Aufwand vorbehalten. Durch die digitale Fotografie kann man jetzt viele Details auch mittels Amateurgeräten einfangen. Das erwähnte Bild wurde mit einer speziellen gekühlten Astrokamera an einem Amateurteleskop aus etwa 80 Einzelbildern mit jeweils 5 Minuten Belichtungszeit angefertigt. Damit ergibt sich eine Gesamtbelichtungszeit von fast 7 Stunden. Spektakuläre Milchstraßenbilder sind allerdings auch schon mit deutlich weniger Aufwand und normalen Spiegelreflexkameras möglich.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.09.2021
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