Am kommenden Mittwoch wird kalendarisch der Herbst eingeleitet. Das Äquinoktium steht also kurz bevor. Aber was ist das eigentlich?
Wir Meteorologen haben bereits am 1. September den Herbst eingeläutet und weichen daher von der Definition des kalendarischen Beginns ab. Demnach beginnen für uns die Jahreszeiten immer am ersten Tag jenes Monats, in den der kalendarische Termin fällt. Dadurch umfassen die Jahreszeiten für uns immer drei vollständige Monate, wodurch eine statistische Vergleichbarkeit von klimatologischen Daten (z.B. Monatsmittel, Monatssummen u.a.) gewährleistet wird.
Die nun bevorstehende Tagundnachtgleiche hängt mit dem Wechsel der Jahreszeiten zusammen, sorgt aber immer wieder für Missverständnisse. Der Herbst und damit auch der Übertritt in die kalte Hälfte des Jahres beginnt am kommenden Mittwoch, dem 22. September 2021 um 21:21 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ). Zu diesem Zeitpunkt zieht die Sonne direkt über den Erdäquator hinweg. Für die andere Hälfte des Planeten - sprich der Südhalbkugel - markiert das Äquinoktium (von lat. aequus - gleich und nox - Nacht), wie die Tagundnachtgleiche auch bezeichnet wird, den Beginn des Frühlings. Am Tag des Äquinoktiums dauern somit lichter Tag und die Nacht überall auf der Erde zumindest theoretisch gleich lang an.
Jedem ist bekannt, dass Jahreszeiten existieren. Aber wodurch entstehen sie? Das ist eine Frage, bei deren Beantwortung viele Menschen regelmäßig in eine kleine Falle tappen. Oft hört man, dass es auf der Erde kälter wird, wenn sie sich weiter von der Sonne entfernt, und wärmer, wenn sie näher an unsere Wärmequelle herankommt. Schließlich reist unser Planet auf einer Umlaufbahn um die Sonne, die kein perfekter Kreis, sondern eher eine Ellipse ist. Die Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist jedoch falsch.
Unser Erdorbit weicht nur zu drei Prozent von einem Kreis ab. Im nördlichen Winter ist die Sonne der Erde eigentlich am nächsten und im Sommer am weitesten entfernt (siehe Grafik). An der unterschiedlichen Entfernung zur Sonne liegt es also nicht. Was beschert uns dann die Jahreszeiten?
Es ist alles eine Frage der Neigung! Die Erdachse ist relativ zur Sonne gesehen nicht gerade, sondern steht in einem leicht schrägen Winkel von etwa 23,5 Grad. Während sich die Erde um die Sonne dreht, bleibt dieser Winkel erhalten, weshalb das Licht der Sonne nicht direkt auf die komplette Erdoberfläche trifft. Wenn die Nordhemisphäre der Sonne weggeneigt ist, werden deren Lichtstrahlen nur in einem schrägen Winkel aufgefangen. Während dieser Phase herrschen kürzere und somit in der Regel auch kühlere Tage. Gleichzeitig ist die südliche Hemisphäre der Sonne zugeneigt, weshalb ihre Strahlen in einem steileren Winkel eintreffen und für längere Tage sorgen. Nur zweimal im Jahr wird die Erde gleichmäßig in das Licht der Sonne getaucht - nämlich zu den Tagundnachtgleichen. Das zweite Äquinoktium findet um den 21. März statt, wenn sich die eben beschriebenen Gegebenheiten auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre umkehren. Die Äquinoktien selber definieren nur den Zeitpunkt eines Ereignisses. Sie finden nicht wirklich statt, wenn der Tag und die Nacht gleich lang sind, obwohl wir das denken. Eigentlich ist es der Zeitpunkt, zu dem die Sonne am Äquator genau im Zenit und die Sonnenstrahlen dort im 90 Grad Winkel auf die Erdoberfläche treffen. Dann sind Tag und Nacht überall auf der Erde nahezu gleichlang.
Hierzulande allerdings sind zum Äquinoktium Tag und Nacht nicht exakt gleich lang und es ergibt sich ein Unterschied von einigen Minuten. Der Tag erscheint tatsächlich etwas länger als die Nacht. Diese Diskrepanz erklärt sich zum einen durch die Ausdehnung der Sonnenscheiben. Während der Äquinoktien wird der geometrische Mittelpunkt der Sonnenscheibe betrachtet, der an diesen Tagen etwa 12 Stunden oberhalb des Horizontes steht. Da allerdings die ersten und letzten Sonnenstrahlen eines Tages vom oberen Rand der Sonnenscheibe ausgehen, dauert der Tag also etwas länger. Zum anderen spielt die Brechung des Sonnenlichts durch die Atmosphäre eine Rolle. Die Erdatmosphäre beugt das Licht, weshalb es aussieht, als befände sich die Sonne noch über dem Horizont, obwohl sie bereits untergegangen ist. Der Kalendertag, an dem tatsächlich zwölf Stunden lichter Tag und zwölf Stunden Nacht herrschen, ist somit um ein paar Tage in Richtung Wintersonnenwende verschoben. Dieser Tag wird als Equilux bezeichnet und liegt für den 50. Breitengrad um den 25 September.
M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2021
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