Wirft man einen Blick auf die Karten der Großwetterlage von heute und vor 31 Jahren zeigen sich einige Ähnlichkeiten, allerdings unterscheiden sich die Details dann doch etwas. Während damals bundesweit fast einheitliches Wetter vorlag, gibt es heute eine meteorologische Trennung Nordwest-Südost.
Am heutigen Feiertag schauen wir etwas in die meteorologische Vergangenheit zurück: zum ersten Tag der Deutschen Einheit am 03. Oktober 1990. Eventuell kann sich der eine oder andere mit einem besonders ausgeprägten Langzeitgedächtnis sogar noch an die damalige Witterung erinnern. Allerdings war diese nicht wirklich spektakulär, denn Anfang Oktober 1990 befand sich Mitteleuropa am Rande eines Hochdruckgebiets mit Schwerpunkt über Osteuropa. Im Westen des Kontinents bestimmte dagegen ein Tief mit Kern zwischen Island und Schottland das Wettergeschehen. In höheren Atmosphärenschichten näherte sich außerdem ein sogenannter "Trog" (in der Abbildung 1a in den Farben grün und blau, https://t1p.de/h0eq, Quelle: www.wetter3.de) von Westen her an, erreichte das Bundesgebiet aber noch nicht. Diese Konfiguration sorgte in den meisten Regionen Deutschlands für eine sehr milde, stellenweise fast schon spätsommerliche Witterung.
Der Randbereich des Hochs bürgte dabei für viel Sonnenschein, allerdings gab es Regionen mit für die Jahreszeit typischen zähen Nebel- oder Hochnebelfeldern. Besonders von den zentralen Mittelgebirgen bis zur Donau hatte es die Sonne schwer sich gegen den Nebel durchzusetzen. Das vorhin erwähnte Tief bzw. der Trog lenkte generell sehr warme Mittelmeerluft in unser Gebiet, sodass die Temperatur vielerorts Höchstwerte zwischen 17 und 25 Grad erreichte. Im Südwesten konnten örtlich sogar etwas mehr als 25 Grad gemessen werden. In den erwähnten nebligen Regionen war beim Temperaturanstieg jedoch schon bei Werten knapp unter 15 Grad Schluss. Zudem machte sich der Wind bevorzugt in der Nordhälfte etwas bemerkbar mit einzelnen steifen Böen, an der Nordsee auch stürmischen Böen. Im Süden war es dagegen fast windstill. Erst in der Nacht zum 04.10.1990 griff von Nordwesten her eine markante Kaltfront auf die westlichen Landesteile über, die eine Wetterumstellung mit deutlich kühlerer Meeresluft einleitete.
Wie ist die meteorologische Situation nun am diesjährigen Feiertag? Auf den ersten Blick ergeben sich deutliche Übereinstimmungen mit der Wetterlage von vor 31 Jahren. Über Ost- und Nordosteuropa dominiert das umfangreiche Hoch LIOBA, nördlich von Schottland tummelt sich das kräftige Tiefdruckgebiet BENNI. Wie am ersten Tag der deutschen Einheit greift ein umfangreicher Trog (Abbildung 2a) langsam von West- auf Mitteleuropa über. Allerdings ist dieser schon etwas weiter nach Osten vorangekommen als im Jahre 1990, außerdem greift er auch deutlicher nach Süden aus. Folgerichtig ist die damit verbundene Wetterumstellung zum einen etwas "früher dran" als am ersten Tag der Deutschen Einheit, zum anderen wird nochmals wärmere Luft in den Südosten des Landes geführt (Abbildung 2b). Die Kaltfront von Tief BENNI erreicht bereits in den Vormittagsstunden den Nordwesten Deutschlands und bringt dort leichten bis mäßigen Regen. Im weiteren Verlauf des Tages weitet sich dieser Regen langsam zur Mitte aus, erreicht aber weite Teile des Südens und den Osten nicht.
Außerdem frischt der Wind in deutlich mehr Regionen Deutschlands auf als am 03.10.1990. Im Westen und Nordwesten muss mit steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden, außerdem kommt am Alpenrand Föhn (Sturmböen in den Hochlagen, schwere Sturmböen auf den Gipfeln, starke bis stürmische Böen in den klassischen Föhntälern) und in Sachsen Böhmischer Wind auf. Sonst spielt der Wind jedoch keine große Rolle. Die Föhnströmung sorgt auch dafür, dass die Sonne im Süden und Osten Bayerns von früh bis spät scheinen wird, während die Wolken sonst recht dicht sind oder sich weiter verdichten.
Am Ort der Feierlichkeiten zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit in Halle (Saale) werden bei bis zum Abend trockenen Bedingungen Höchstwerte von etwa 24 Grad erwartet, allerdings frischt der Wind vorübergehend etwas auf. Im Alpenvorland wird es sogar sommerlich warm mit bis zu 27 Grad, im Nordwesten ist es dagegen deutlich kühler mit maximal 17 bis 19 Grad.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.10.2021
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst