Nicht nur in Deutschland kam es in den vergangenen Wochen zu Unwettern. Madagaskar wurde vom vierten tropischen System innerhalb eines Monats heimgesucht. Ein Grund, einen genaueren Blick auf das Land zu werfen.
Madagaskar - der größte Inselstaat Afrikas und die viertgrößte Insel der Welt dürfte vielen wohl als Naturparadies oder aus einem computeranimierten Trickfilm, der sich um eine abenteuerliche Reise von New Yorker Zootieren dreht, bekannt sein. Allerdings ist der paradiesische Eindruck in vielen Bereichen nur Schein. Die Insel gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, mehr als 75% der Bevölkerung leben in extremer Armut. Insbesondere der Süden des Landes kämpft seit Jahren mit einer schweren Hungersnot. Seit 2016 führte das Ausbleiben ausreichender Niederschläge zu der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren. Die Folge waren Ernteausfälle, Staubstürme und Versandung.
Nahezu jedes Jahr wird das Land jedoch auch von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht. Nachdem in dieser Zyklon-Saison bereits Ende Januar der tropische Sturm "Ana" über den Nordteil Madagaskars hinweggezogen ist, folgte Anfang Februar der zweite Sturm "Batsirai". Dieser traf insbesondere den Südteil der Insel. Beide Stürme forderten Menschenleben! Beide Stürme sorgten für verheerende Schäden! Bei Windgeschwindigkeiten von teils über 200 km/h wurden zahlreiche Häuser zerstört sowie Strommasten und Bäume umgeknickt. Sintflutartige Regenfälle überfluteten darüber hinaus ganze Landstriche, Straßen und Brücken wurden beschädigt. Viele Menschen verloren ihr Zuhause und wurden in Notunterkünften untergebracht. Zu allem Überfluss folgte in der vergangenen Woche ein weiterer tropischer Sturm "Dumanko", der glücklicherweise jedoch nicht ganz so stark ausfiel wie "Batsirai". Der Sturm war allerdings in Anbetracht der prekären Lage des Landes eine weitere Herausforderung.
Nun sind Wirbelstürme nicht unbedingt außergewöhnlich für dieses arme Land, herrscht doch noch von November bis April sommerliche Zyklon-Saison. Dennoch ist es schon bemerkenswert, dass mehrere Wirbelstürme innerhalb kurzer Zeit in Madagaskar auftraten. Bereits nach den ersten drei Stürmen schaffte es das Land nicht aus eigener Kraft, die Aufräumarbeiten und den Wiederaufbau zu schultern. Es fehlte an allem: An Nahrungsmittel, sauberem Trinkwasser, Elektrizität, aber auch an der Infrastruktur, um Hilfsgüter in abgeschnittene Regionen zu verteilen. Entsprechend wurde in der Zwischenzeit um internationale Hilfe gebeten, dem auch das deutsche THW (Technisches Hilfswerk) nachkam und ein Team zur Bedarfsermittlung und Ablaufkoordinierung entsandte.
Als wäre das jedoch nicht schlimm genug für das von den bisherigen Stürmen schwer getroffene Madagaskar, kündigte sich im Laufe der vergangenen Woche ein weiterer tropischer Wirbelsturm "Emnati" an. Dieser traf am vergangenen Dienstagabend (22.02.2022) als Kategorie-1-Wirbelsturm erneut auf den Südteil der Insel und sorgte zumindest anfangs mit Orkanböen bis 200 km/h und Starkniederschlägen für weitere Verwüstungen. Auf seiner südwestlichen Zugbahn über den Süden Madagaskars schwächte sich "Emnati" am Mittwoch rasch zu einem tropischen Sturm ab und erreichte am gestrigen Mittwochabend bereits die Straße von Mosambik. Da bereits im Vorfeld über 30.000 Menschen evakuiert wurden, bleibt zu hoffen, dass Nachrichten von Toten auch weiterhin ausbleiben.
Unter dem Thema des Tages
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/2/24.html) finden Sie das Satellitenbild von Dienstagmittag kurz vor dem Landgang von "Emnati" auf Madagaskar. Darüber hinaus wurden die jeweiligen Zugbahnen von "Ana", "Batsirai", "Dumanko" und "Emnati" im Bereich Madagaskars skizziert.
Auch die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes unterstützen in Zusammenarbeit mit dem GMLZ (Gemeinsames Lagezentrum Deutschland) das THW-Team vor Ort auf Madagaskar sowie die WMO (Weltorganisation für Meteorologie) mit Vorhersagen.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.02.2022
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