In Indien und Pakistan wird es in den kommenden Tagen wieder extrem heiß. Die immer häufiger auftretende Frühlingshitze trifft die arme Bevölkerung hart.
In Indien und Pakistan türmt sich aktuell eine massive Hitzewelle auf. Die Temperaturen steigen im Laufe der Woche auf Höchstwerte von verbreitet 40 bis 45 Grad, vereinzelt sogar bis knapp 50 Grad. Besonders betroffen sind dabei der Osten Pakistans sowie der Norden, Westen und die zentralen Gebiete Indiens (siehe linke Abbildung auf https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/4/25.html).
Eigentlich werden die beiden Länder erst im nordhemisphärischen Spätfrühling und Frühsommer vor Einsetzen des Monsuns ab Juni und Juli von vergleichbaren Hitzewellen heimgesucht. Höchsttemperaturen von zum Teil deutlich über 45 Grad sind für den April außergewöhnlich, ja sogar extrem. Möglicherweise werden im Wochenverlauf sogar Rekorde gebrochen. Diese Hitzewelle ist der vorläufige Höhepunkt einer bereits seit Wochen andauernden Periode viel zu hoher Temperaturen. So war der März 2022 nach Angaben des Indischen Wetterdienstes ("India Meteorological Department", IMD) der wärmste seit mindestens 122 Jahren. Blickt man auf die Temperaturabweichungen des Monats, fällt auf, dass der komplette süd- und ostasiatische Raum vom Iran bis nach Japan einen ungewöhnlich warmen März erlebte (siehe die rechte Abbildung auf https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/4/25.html).
Die Frühlingshitze ist allerdings nicht nur eine singuläre "Laune der Natur", sondern ein immer häufiger auftretendes Symptom der globalen Klimaerwärmung. Erst im vergangenen Jahr 2021 stöhnte Indien unter extremer Hitze im März. Der Monat reihte sich auf Platz 3 der wärmsten seiner Art ein und war nur unwesentlich "kühler" als der diesjährige. Einer Studie des IMD nach zu urteilen nimmt die Frequenz der Hitzewellen in Indien dramatisch zu - und das vor allem in den inländischen Regionen. Traten im Zeitraum von 1981 bis 1990 lediglich 413 Tage mit Höchsttemperaturen von mindestens 40 Grad auf, waren es von 2011 bis 2020 bereits 600. Dazu kommt ein teilweise extremes Niederschlagsdefizit. All das macht Indien zu einem der Hotspots des globalen Klimawandels.
Der mit den extremen Temperaturen verbundene physische Stress trifft besonders die arme Bevölkerung Indiens, die der Hitze nichts entgegenzusetzen hat, hart. Fast die Hälfte der Berufstätigen ist im landwirtschaftlichen Sektor angesiedelt und arbeitet die meiste Zeit draußen in der sengenden Sonne. Folglich nimmt die auf die Hitze zurückzuführende Sterblichkeit im Land stark zu. Eine Studie aus dem Jahre 2017 ("Increasing probability of mortality during Indian heat waves", Mazdiyasni et. al.) zeigte, dass die Anzahl an tödlichen Hitzewellen mit mehr als 100 Opfern zwischen 1960 und 2009 um 146% anstieg.
Die aktuelle Hitzewelle hält bis mindestens zum kommenden Wochenende an. Aber auch danach deutet sich nur eine leichte Entspannung an. Es ist zu befürchten, dass auch der April am Ende einer der heißesten Monate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Indien wird.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.04.2022
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