Eingefahrene Wetterlage und das am Siebenschläfer


Die Wetterlage ist eingefahren und heute grüßt noch der Siebenschläfer. In der feuchtwarmen Luftmasse bilden sich seit Tagen ständig Gewitterherde und ziehen über Teile Deutschlands hinweg. So auch vergangene Nacht und in den kommenden Tagen.

Teils unwetterartige Gewitter traten in den vergangenen Tagen in Deutschland immer wieder auf und finden in den kommenden Tagen ihre Fortsetzung, denn an der eingefahrenen Wetterlage ändert sich quasi - Nichts. Die zwei Hauptdarsteller REBECCA, ein Tiefdruckgebiet bei den Britischen Inseln und FRIDO, ein Hochdruckgebiet über Osteuropa, lenken aus Süden und Südwesten feuchte und labil geschichtete Mittelmeerluft nach Deutschland. Genau über Deutschland liegt dabei eine Luftmassengrenze, in deren Bereich sowie in der vorderseitigen Warmluft es ständig zu Schauern und Gewittern samt erhöhtem Unwetterpotential kommt.

Gestern entwickelten sich am Nachmittag beispielsweise über dem Nordosten des Landes im Bereich einer Tiefdruckrinne (hier strömt Luft aus unterschiedlichen Richtungen zusammen und wird zum Aufsteigen gezwungen) einzelne heftige Schauer und Gewitter. In Groß-Kiesow-Schlagtow (Mecklenburg-Vorpommern) kamen knapp 42 Liter pro Quadratmeter in nur 27 Minuten vom Himmel. Das sind mehr als vier volle Eimer Wasser! Rund um Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) gab es mehrere Funnel-Meldungen. Das sind Trichterwolken, deren Wolkenschlauch rotieren kann, aber nicht den Boden berührt.

Am Abend musste der Blick dann gen Frankreich gerichtet werden. Durch einen Kurzwellentrog (quasi ein kleines Tiefdruckgebiet in der Höhe) und zunehmende Windscherung konnten sich aus den Vogesen heraus einzelne unwetterartige Gewitter entwickeln, die auf den Südwesten des Landes übergriffen. Im weiteren Verlauf schlossen sich diese Gewitter zu einem größeren Gewittersystem, einem sogenannten MCS (Mesosclae Converctive System) zusammen. Dieses MCS zog langsam nordwärts und brachte in einem Streifen von der Pfalz über Westhessen und das östliche NRW bis nach Schleswig-Holstein verbreitet 10 bis 25, punktuell bis 40 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden (siehe linke Grafik unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/6/27.html) . Besonders kräftig regnete es am Ostrand des Pfälzerwaldes. Dort kamen innerhalb von teilweise gerade mal drei Stunden 40 bis 70 Liter pro Quadratmeter vom Himmel. Spitzenreiter ist dabei Schaidt (Rheinland-Pfalz) mit 72 Liter pro Quadratmeter.

Am heutigen Montag und in der Nacht zum Dienstag ist dann vor allem die Osthälfte des Landes von unwetterartigen Gewittern betroffen (siehe rechte Grafik unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/6/27.html). Lokal gibt es heftigen Starkregen mit Mengen um 40 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, größeren Hagel mit Korngrößen um 2 cm und (schwere) Sturmböen bis 100 km/h. Insbesondere im Süden und Südosten ist auch Hagel mit Korngrößen um 4 cm möglich und es drohen Orkanböen um 120 km/h. Im Erzgebirge kann es bei mehreren aufeinanderfolgenden Gewittern um 60 Liter pro Quadratmeter Regen geben. Es trifft aber, wie so oft bei sommerlichen Gewitterlagen, bei Weitem nicht jeden. Auf jeden Fall lohnt sich immer mal wieder ein Blick auf die Warnkarte des DWD.

Auch in den kommenden Tagen ändert sich nicht viel und gebietsweise drohen weiterhin unwetterartige Gewitter. Ob nun der Siebenschläfer recht behält und das Wetter sieben Wochen lang so bleiben wird, muss allerdings abgewartet werden.


Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.06.2022

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