Sydney hatte am vergangenen Wochenende (02./03.07.2022) zum vierten Mal innert zwei Jahren großräumige Überschwemmungen durch heftige Regenfälle zu verzeichnen. Im Folgenden sollen mögliche Zusammenhänge kurz beleuchtet werden.
Die vierte große Überschwemmung im Großraum Sydney in weniger als zwei Jahren hatte wohl mehrere Ursachen. Ausgelöst wurde sie durch ein Zusammentreffen mehrerer Ereignisse, die am Wochenende in einigen Gebieten so viel Regen abwarfen, wie Melbourne oder London normalerweise in einem Jahr erhalten. Das Ausmaß der Überschwemmungen wurde durch die Gegebenheiten vor Ort noch verschlimmert, d.h. weitgehend gesättigte Böden, die nach dem nassesten Jahresbeginn seit Beginn der Aufzeichnungen kaum noch Wasser aufnehmen konnten, und Dämme, die fast vollgelaufen waren und den heftigen Regenfällen somit nicht standhalten konnten.
Ein erster Faktor als möglicher Trigger lässt sich bereits herausarbeiten. Die Meeresoberflächentemperatur vor der Illawarra-Region lag am vergangenen Wochenende etwa 2 bis 3 Grad Kelvin über dem Durchschnitt für diese Jahreszeit. Wie fast überall auf der Welt haben sich auch die anliegenden Ozean-Gewässer um Australien herum aufgrund der globalen Erwärmung erwärmt. Wissenschaftler haben ermittelt, dass die Atmosphäre bei jedem zusätzlichen Grad Erwärmung etwa 7 % mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann.
In Teilen der Illawarra-Region, rund um die Stadt Wollongong (südlich von Sydney gelegen), fielen innerhalb von drei Tagen mehr als 700 l/qm Regen. Zum Vergleich: In Melbourne und Canberra fallen durchschnittlich weniger als 650 l/qm pro Jahr!
Im Westen Sydneys fielen am Warragamba-Staudamm in drei Tagen, also bis Montag, 04.07.2022 9 Uhr Ortszeit 244 l/qm Regen, wobei die größte Regenmenge bereits am Samstag (02.07.2022) fiel. Die intensiven Regenfälle führten dazu, dass der Damm im Verlauf überlief.
Australische Meteorologen kommentierten, der Hintergrund für die aktuellen Überschwemmungen seien zwei aufeinanderfolgende La-Niña-Ereignisse, die die Niederschläge in den letzten zwei Jahren in die Höhe getrieben hätten. La Niña bedeutet, dass starke Passatwinde über den äquatorialen Pazifik nach Westen wehen und somit warmes Oberflächenwasser in Richtung Asien treiben, was in der Regel in weiten Teilen Australiens zu verstärkten Niederschlägen führt.
Der Australische Wetterdienst (Bureau of Meteorology (BOM)) stellte neben einem mittlerweile abschwächenden bzw. endenden La-Niña-Ereignis zudem fest, dass ein anderer Einfluss auf die australischen Niederschläge, nämlich der Indische Ozean, sich in eine Richtung bewegt, die tendenziell zu mehr Regen führt.
Der Dipol des Indischen Ozeans (IOD) steht seit Wochen kurz davor, in eine persistente negative Phase überzugehen. Wenn Westwinde wärmeres Wasser näher an Australiens Nordwesten heranführen, steht im Winter und Frühjahr mehr Feuchtigkeit für Niederschläge zur Verfügung.
Die Australischen Meteorologen resümierten schließlich, dass die derzeitigen Überschwemmungen an einigen Orten Rekorde brächen und definitiv ungewöhnlich extrem seien. Sie fügten aber auch hinzu, dass es in Sydney in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen Regenfällen gekommen und die zugrundeliegende Wetterlage nebst den erläuterten übergeordneten Faktoren nicht beispiellos sei.
Allerdings hat der Regen, der während der zwei aufeinander folgenden La-Niña-Ereignisse insgesamt fiel, den Boden zunehmend gesättigt. Dieser Umstand führt dazu, dass der Boden fast kein Wasser mehr aufnehmen kann. Und die Regenmenge, die der Boden nicht aufnehmen kann, fließt direkt in die entsprechenden Flusseinzugsgebiete.
Dies wirft natürlich auch Fragen bezüglich präventivem Hochwasserschutz (z.B. durch Staudammregulierung) für eine Großstadt wie Sydney auf, um die Folgen von derartigen Überschwemmungen in der Zukunft zu reduzieren.
Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.07.2022
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