"Von der milden Südwestdüse hin zum ruhigen Herbstwetter" - so könnte man die Wetterentwicklung der kommenden Tage in wenigen Worten beschreiben.
Die Wetterlage stellt sich in den kommenden Tagen grundlegend um. Am morgigen Dienstag liegt ein mächtiger und hochreichender Tiefdruckkomplex über dem Nordatlantik und Großbritannien. Hochreichend, weil das Tief sowohl in höheren Atmosphärenschichten als auch in Bodennähe zu finden ist (Abbildung 1). Mitteleuropa befindet sich auf dessen Vorderseite und damit gelangt Deutschland erneut in eine kräftige südwestliche Strömung. Diese "Südwestdüse" schaufelt sehr milde Luft zu uns. Vor allem in den Niederungen Bayerns beginnt der Tag allerdings vielerorts mit dichtem Nebel, der sich am Vormittag nur zögerlich auflöst. Insbesondere entlang der unteren Donau und in den südlich angrenzenden Flussniederungen könnte sich der Nebel auch bis in den Mittag oder frühen Nachmittag hinein halten. Dort, wo sich der Nebel aufgelöst hat oder wo es gar keinen Nebel gegeben hat, beginnt der Tag nochmals mit viel Sonnenschein und die Temperaturen geben ordentlich Gas. Die milde Subtropikluft treibt die Temperaturen auf 13 bis 19 Grad, viel zu mild für Anfang November. Am wärmsten wird es im Breisgau und an den Nordrändern der Mittelgebirge.
Im Laufe des Tages rückt uns der Tiefdruckkomplex von Westen her aber allmählich auf die Pelle, was sich im Westen und Nordwesten mit aufziehenden kompakten Wolkenfeldern bemerkbar macht. Am späten Nachmittag und Abend kann es dann im Westen stellenweise den ersten Regen geben, ansonsten bleibt es noch trocken. In der Nacht zum Mittwoch kommt dann die Kaltfront, die für den Regen verantwortlich ist, allmählich ostwärts voran, womit sich auch der Regen ostwärts ausbreitet. Größere Regenmengen sind dabei meist nicht zu erwarten, nur im Südwesten regnet es etwas kräftiger. Trocken bleibt es noch im Südosten Bayerns, wo sich der Nebel in den Niederungen erneut breitmacht.
Am Mittwoch zeigt sich das Wetter eher von seiner ungemütlichen Seite. Der Regenschirm sollte nicht vergessen werden, denn immer wieder regnet es, was mit der Kaltfront zusammenhängt, die diagonal über Deutschland liegt. Zwar gibt es auch mal längere Regenpausen - am ehesten von NRW bis nach Schleswig-Holstein - die Sonne kann sich aber auch dort nur zeitweise in den wenigen Wolkenlücken zeigen. Ab dem Nachmittag kann es an der Nordsee schauern, vielleicht auch mal mit Blitz und Donner. Mild bleibt es weiterhin, die südwestliche Strömung hält nämlich noch an.
Am Donnerstag überquert der Rest des ursprünglichen Tiefdruckkomplexes als Höhentrog Deutschland von West nach Ost (Abbildung 2). Damit wird die Warmluftzufuhr beendet. Nach Überqueren des Trogs steigt von Südwesten her der Luftdruck an. Der Regen verlagert sich zunehmend in den Süden und Südosten Deutschlands, wo er sich an den Alpen noch länger hält. In den Hochlagen kann es dort auch etwas schneien. Ansonsten ist es Dank des zunehmenden Hochdruckeinflusses schon meist trocken und im Tagesverlauf bekommt die Wolkendecke immer mehr Lücken. Für manche Regionen könnten dies auch die letzten Chancen auf Sonnenschein werden (um schon mal etwas vorzugreifen). Mit 10 bis 15 Grad gehen die Temperaturen etwas zurück.
Am Freitag entsteht in der Höhe (also in etwa 5-6 km Höhe) direkt über Deutschland eine Hochdruckzelle. Dadurch baut sich östlich und südöstlich von uns auch in Bodennähe ein mächtiges Hochdruckgebiet auf (Abbildung 3). Folglich setzt sich in ganz Deutschland ruhiges Hochdruckwetter durch. "Ruhig" bedeutet im Herbst und Winter aber nicht zwangsläufig "sonnig". Nicht selten macht sich Nebel und Hochnebel breit und fungiert als Spielverderber. Vor allem in den Niederungen Süd- und Mitteldeutschlands kann dem einen oder anderen das typische "Novembergrau" aufs Gemüt schlagen. Mehr Chancen auf Sonne gibt es im südlichen und damit höher gelegenen Alpenvorland, in den Hochlagen der Mittelgebirge und von der Norddeutschen Tiefebene bis zu den Küsten. Allerdings ist die genaue Verteilung der Nebelgebiete - wie fast immer bei solchen Wetterlagen - im Vorfeld schwer vorherzusagen.
Wie lange dieses Hochdruckwetter andauert und welche Auswirkungen dies auf den genauen Wetterablauf am Wochenende und darüber hinaus hat, bleibt noch abzuwarten. Zusätzlich zum Hoch hat nämlich auch noch ein "Katlufttropfen" seine Finger mit im Spiel (in Abbildung 3 zu finden über dem Mittelmeer südlich von Frankreich). Dabei handelt es sich um ein mit Kaltluft gefülltes Tiefdruckgebiet in höheren Atmosphärenschichten. Dieses Höhentief soll bereits in der Nacht zum Freitag über Polen und Ungarn abtropfen und sich auf dem Weg nach Süden Richtung Mittelmeer machen. Solche Kaltlufttropfen sind aber meist sehr unentschlossene Gesellen, die sich oft erst sehr spontan entscheiden, wohin ihre Reise gehen soll.
Die Zugbahn dieses Kaltlufttropfens wird von den gängigen Wettermodellen aktuell noch sehr unterschiedlich berechnet. Fest steht zwar, dass das ruhige Hochdruckwetter noch mindestens das gesamte Wochenende über anhält und Niederschläge daher nicht zu erwarten sind. Allerdings entscheidet die Verlagerung dieses Höhentiefs darüber, wie beständig die Hochdruckzelle ist, wohin sich ihr Schwerpunkt verlagert und aus welcher Richtung die Luftmassen nach Deutschland gelangen. Und das entscheidet darüber, wie zäh der (Hoch-)Nebel ist, wo er sich ausbreitet und wie hoch die Chancen auf Sonne sind. Auch das ruhigste Hochdruckwetter kann also im Detail noch für einige Überraschungen sorgen.
Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.11.2022
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