Winter light


Am Dienstag hat Kollege Marcel Schmid schon den Temperaturrückgang zum Ende dieser Woche angekündigt und den "anklopfenden Winter" proklamiert. Heute gehen wir ein bisschen mehr ins Detail, auch wenn der Schneefall von den Modellen noch unterschiedlich berechnet wird.


Der heutige Donnerstag ist in den meisten Regionen Deutschlands ein Tag zum Vergessen: viele Wolken und nass. Im Nordosten lässt sich die Sonne immerhin zeitweise noch blicken und verhindert den Blues.

Am morgigen Freitag ändert sich an der Bewölkungslage wenig, es bleibt in den meisten Gegenden Deutschlands bedeckt, nur im äußersten Nordosten kommt die Sonne gebietsweise länger zum Vorschein. Dort ist es auch meist trocken, sonst fällt immer wieder Regen. Der fällt länger andauernd und mit spürbarer Intensität an einer Luftmassengrenze, die die einströmende kalte Luft im Nordosten von milder Luft im Südwesten trennt. Und wie das mit kalter Luft in den letzten Wochen des Jahres so ist, sie sorgt für Schneefall und Schneeregen. Und so fällt der Regen an der sich in den Vormittagsstunden etwa von Sylt bis in die Lausitz erstreckenden Luftmassengrenze allmählich als Schnee. Aber keine Sorge, der Schnee bleibt voraussichtlich noch nicht liegen, denn die Böden sind noch verhältnismäßig "warm".

Im Tagesverlauf verlagert sich die Luftmassengrenze etwas südwestwärts und nimmt Regen und Schnee mit. Zum Abend liegt sie aller Voraussicht nach etwa auf einer Linie Ostfriesland - Erzgebirge. Nordöstlich davon strömt auf der Druckfläche um 850 Hektopascal (etwa in 1400 Metern Höhe) -5 bis -8 Grad kalte Luft ein.

Das lässt die Lufttemperatur in 2 Metern Höhe in der Nacht zum Samstag auf -1 bis -6 Grad sinken. Nur direkt an der Ostsee hält die noch etwa 10 Grad warme Ostsee den Frost zurück. Entsprechend der kalten Luft fällt von Ostwestfalen über Nordhessen und Thüringen bis ins Erzgebirge und nach Oberfranken Schnee. Bis zum Morgen können sich 5 bis 8 Zentimeter auf Wiesen und Feldern akkumulieren. Auf den Straßen fallen die Schneehöhen sicher geringer aus, denn wir haben noch einen positiven Wärmestrom. Das bedeutet, dass die sich in den oberen Bodenschichten befindende Wärme den fallenden Schnee wegtauen wird.
Nach der frostigen Nacht und dem weiteren Zustrom kalter Luftmassen aus Osten droht am Samstag einigen Orten zwischen Thüringer Wald und Neiße Dauerfrost. Die Höchsttemperatur liegt also unter null Grad. Da es sich tags nur wenig erwärmt, ist es nicht verwunderlich, dass die Nacht zum Sonntag in der Nordosthälfte teils richtig kalt wird. Von der Lüneburger Heide bis in die Oberlausitz sinkt die Temperatur auf -5 bis -7 Grad. In den Tälern und Senken von Harz und Erzgebirge sind auch tiefere Tiefstwerte denkbar. Auch sonst ist es nordöstlich einer Linie Münsterland - Bayerischer Wald frostig. Südwestlich davon liegen die Tiefstwerte meist zwischen -1 und +3 Grad, auf den Schwarzwaldhöhen und in den Alpen ist es etwas kälter. In puncto Niederschlag lässt sich für den Samstag festhalten: Die Luftmassengrenze liegt nach derzeitigem Kenntnisstand auf Höhe Niederrhein - südliches Thüringen - Oberfranken und mäandriert nur wenig nord- und südwärts. Erst in der Nacht zum Sonntag kommt etwas Bewegung in die Lage, allerdings sind da die Modelle noch unterschiedlicher Meinung. Nach ECMWF ist eine Verlagerung südwärts bis auf die Linie Südeifel - Mittelfranken denkbar. ICON und GFS sehen eher eine Wölbung der Zone über der Mitte Deutschlands nordwärts über das Rothaargebirge, Mittelhessen, Thüringen bis nach Mittelsachsen. Weiter westlich und östlich würde dabei der Niederschlag signifikant abnehmen. Das englische Modell von MetOffice liegt übrigens zwischen den beiden beschriebenen Szenarien.

Fazit: Nach dem deutlich zu warmen Oktober und einem ungewöhnlich milden Start in den November springen wir in der Nordosthälfte des Landes kurz in den Winter. Das aber dafür gewaltig, teils mit Dauerfrost und gebietsweise mit Schneefall. Kurz deshalb, weil in der neuen Woche die mildere Luft aus Südwesten offenbar wieder in den Nordosten vordringen und die kalte Luft somit verdrängen kann. Die Schneemengen sind insgesamt eher gering. Für eine kleine Rutschpartie an Hängen der zentralen und östlichen Mittelgebirge sollte es aber reichen.

Apropos Rutschpartie: Wer jetzt noch auf Sommerreifen unterwegs ist, gefährdet nicht nur sich, sondern auch andere. Denn auch wenn der Schnee auf der Straße oft nicht oder nicht lang liegen bleibt, so kann es durchaus glatt sein. Und bei der früh einsetzenden Dämmerung und generell bei Dunkelheit ist nicht jede Glättegefahr sofort sichtbar.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.11.2022

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