La Niña schwächt sich ab
Seit Herbst 2020 erleben wir derzeit das dritte La Niña-Ereignis nacheinander. Nun folgt wohl eine Phase mit Bedingungen für ENSO-neutral.
La Niña bezeichnet die periodische Abkühlung der Meeresoberflächentemperaturen im zentralen und östlich-zentralen äquatorialen Pazifik. Normalerweise treten La Nina-Ereignisse etwa alle 3 bis 5 Jahre auf, gelegentlich können sie aber (wie aktuell) über mehrere Jahre hinweg auftreten. La Niña steht für die kühle Phase des El Niño/Southern Oscillation (ENSO)-Zyklus (siehe auch hier: https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=103346&lv2=100652&lv3=100732).
Während eines La Niña-Ereignisses wirken sich die Temperaturveränderungen im Bereich des äquatorialen Pazifik auf die Muster der tropischen Niederschläge von Indonesien bis zur Westküste Südamerikas sowie auf den Indischen und Westafrikanischen Monsun aus. Diese Veränderungen in den tropischen Niederschlagsmustern wirken sich wiederum indirekt auf bestimmte Wettermuster in der ganzen Welt aus. Diese Auswirkungen sind normalerweise in den Wintermonaten am stärksten ausgeprägt, wenn der pazifische Jet-Stream über den Vereinigten Staaten am kräftigsten ist. La-Niña-Episoden gehen somit in den Wintermonaten mit einer insgesamt wellenförmigeren Jet-Stream-Strömung über den Vereinigten Staaten und Kanada einher, die im Norden häufig kältere und stürmischere Bedingungen als im Durchschnitt und im Süden wärmere Bedingungen verursacht. Auf der Abbildung erkennt man das hierfür typische synoptische Wettermuster für den Nordostpazifik. Zu sehen ist ein blockierendes Hochdruckgebiet (bzw. Höhenrücken) etwa im Bereich südlich von Alaska bzw. in Richtung der Alëuten-Inseln. Normalerweise nimmt klimatologisch gesehen dort das Alëuten-Tief diesen Platz ein. Aktuell hält La Niña im äquatorialen Pazifik zwar noch an, schwächt sich aber bereits langsam ab. Während sich die Meerestemperaturen in den letzten Wochen sukzessive erwärmt haben, verbleiben atmosphärische Indikatoren und großräumige Zirkulationen wie z.B. die Walker-Zirkulation weiterhin auf La-Niña-Niveau. Langfristige Vorhersagen deuten darauf hin, dass sich die Temperaturen im tropischen Pazifik in den kommenden Wochen weiter auf ENSO-neutrale Werte erwärmen werden, wobei auch eine gewisse Veränderung der atmosphärischen Muster in Richtung neutraler Werte möglich ist. Abschließend soll mit Hinblick auf das Thema des Tages vom 21.09.2022 (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/9/21.html) darauf verwiesen werden, dass sich bei nun zu erwartender allmählicher Stärkung des Alëuten-Tiefs in den kommenden Wochen verstärkte meridionale und vertikale Wärmeflüsse (allgemein Wellenflüsse) im erweiterten Arktisumfeld bis in die Stratosphäre ausbreiten können und so den Stratosphärischen Polarwirbel (SPV) insgesamt schwächen dürften. Dann wäre neben anderen Bedingungen auch die Wahrscheinlichkeit einer plötzlichen Stratosphärenerwärmung (SSW) für den Spätwinter erhöht. Dies wiederum könnte Konsequenzen z.B. für die Nordatlantische Zirkulation (NAO) haben. Die Vorhersageunsicherheit ist allerdings aufgrund komplexer Zusammenhänge recht hoch.Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.01.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst