Auf der Nordinsel Neuseelands gab es am vergangenen Freitag (27.01.) große Regenmassen, die zu teils verheerenden Überflutungen in und rund um Auckland geführt haben. Das heutige Tagesthema blickt auf die Hintergründe dieses Ereignisses.
Was ist passiert?
Am vergangenen Freitag ging in Teilen der Nordinsel von Neuseeland sprichwörtlich die Welt unter. Insbesondere rund um Auckland fiel innerhalb weniger Stunden so viel Niederschlag, wie sonst im gesamten Sommer. Der Wetterdienst von Neuseeland meldete in einem Zeitraum von Freitag Mitternacht bis Samstagmittag (36 h) Werte von über 300 mm. In Auckland hat die Station im Albert Park 299,5 mm gemessen. Ein großer Teil des Niederschlags fiel dabei am Freitag zwischen 3 Uhr und 21 Uhr (18 h). In Auckland Albany waren dies zum Beispiel 260,6 mm.
Auswirkungen
Es überrascht nicht, dass eine solch große Regenmenge in einer Millionenstad wie Auckland zu verheerenden Folgen geführt hat. Ganz Straßenzüge standen unter Wasser, sodass ein großer Teil des Straßenverkehrs zusammengebrochen ist. Zahlreiche Häuser wurden überflutet, so unter anderem auch der Flughafen. Leider sind bei den Überflutungen auch mindestens drei Menschen ums Leben gekommen.
Klimatologische Einordnung
Betrachtet man die klimatologische Einordnung der Regenfälle, dann wird schnell klar, dass es sich um ein außergewöhnliches Ereignis handelt. Die Aufzeichnungen am Flughafen von Auckland gehen bis 1962 zurück. Der bisherige Rekord für 24-stündige Niederschlagsmengen lag dort bei 161,8 mm am 17.Februar 1985. Dieser Rekord wurde um ganze 100 mm überboten und damit nahezu pulverisiert. Das Ereignis vom Freitag lässt sich also ohne Probleme als Jahrhundertereignis einstufen, auch wenn in Zeiten des Klimawandels solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen sind.
Ursachen für das Ereignis
Was aber sind die Gründe für das außergewöhnliche Ereignis vom Freitag? Um große Niederschlagssummen zu bekommen, braucht es im Wesentlichen zwei Hauptzutaten: Erstens eine große Niederschlagseffizienz und zweitens eine möglichst lange Andauer.
Niederschlagseffizienz
Bei der Niederschlagseffizienz geht es darum möglichst viel Flüssigwasser in der Wolke zu produzieren. Um das zu erreichen, benötigt man in der gesamten Troposphäre möglichst viel Feuchtigkeit.
Man kann sich zum Beispiel sogenannte Vertikalprofile anschauen. Dargestellt werden immer die Temperatur und der Taupunkt. Letzterer ist ein Maß für den Feuchtegehalt der Luft. Wenn die Temperatur dem Taupunkt entspricht, dann ist die Atmosphäre mit Wasserdampf zu gesättigt (relative Feuchte: 100 %). Betrachtet man ein Analyseprofil unseres ICON-Modells an, so erkennt man, dass alle Luftschichten bis zur Tropopause bei etwa 12 km Höhe entweder gesättigt sind, oder eine hohe relative Luftfeuchte aufweisen.
Ein anderes Maß zu Beurteilung ist die sogenannte Dicke der warmen Wolkenschicht. Darunter versteht man den Bereich der Wolke, in dem die Temperatur über 0 Grad liegt und entsprechend viel Flüssigwasser angereichert werden kann. Man sieht, dass die Nullgradgrenze auf eine Höhe von fast 4000 m liegt, was in etwas auch der Dicke der warmen Wolkenschicht entspricht. In aller Regel kann man bei einer Dicke von mindestens drei Kilometern davon ausgehen, dass das Potential für viel Flüssigwasser vorhanden und die beteiligte Luftmasse subtropischen Ursprung hat. Dies war an diesem Tag gegeben.
Ein weiteres gutes Maß für die Niederschlagseffizienz ist die Menge an ausfällbaren Wasser. Es handelt sich dabei um ein Maß um den potentiellen Wassergehalt einer Wolke beurteilen zu können. Werte die über 30 oder gar 40 mm (oder kg/m²) liegen, sind als hohe Werte einzustufen. Für die relevante Gegend in Neuseeland wurden Werte bis nahe 50 mm erreicht.
Andauer
Auf der nachfolgenden Karte kann man auch noch etwas zur zweiten Zutat sagen, der Andauer. Man erkennt, dass knapp westlich von Auckland ein Tiefdruckgebiet lag, während über dem nahen Pazifik ein kräftiges Hoch zu finden war. Damit ergab sich eine nord-nordöstliche Anströmungsrichtung, die in 1km Höhe eine Geschwindigkeit bis 85 km/h aufwies. Zudem war die Anströmung konvergent, das heißt, die Winde strömten zusammen. So kam die Strömung westlich der Konvergenz aus Norden, während sie weiter östlich eher aus Nordost kam. Wenn Luft zusammenströmt, dann hat das zur Folge, dass diese aufsteigen muss (Hebung). Das resultierende kräftige Hebungsgebiet lag nun nahezu ortsfest über mehrere Stunden genau im Anströmungsbereich von Auckland. Die Folge war eine lange Andauer der Niederschläge.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Region im Anströmungsbereich eine Luftmasse mit hoher Niederschlagseffizienz lag, die zudem nahezu ortsfest über mehrere Stunden liegen blieb. Beide Zutaten zusammengenommen führten zum beschriebenen Ergebnis. Weitere Einflussfaktoren waren zudem die hohen Anomalien der Wassertemperatur sowie die Orografie und Oberflächenbeschaffenheit der Region. Durch das außergewöhnlich warme Meereswasser konnte zusätzlich viel Flüssigwasser verdunsten und so den Wassergehalt nochmals erhöhen. Hügeliges Gelände und versiegelte Stadtflächen wirkten begünstigend auf das Überflutungsgeschehen.
Wie geht es weiter?
Zu guter Letzt noch ein Blick auf die Aussichten. Auch weiterhin muss in den nächsten Tagen mit teils kräftigen Niederschlägen gerechnet werden. Diese liegen zwar bezüglich der Mengen voraussichtlich etwas niedriger als am Freitag, bei der Vorgeschichte sind diese aber allemal für neue Überschwemmungen ausreichend, zumal punktuell auch nochmal etwas größere Mengen auftreten können. Entsprechend gibt es vom Wetterdienst Neuseelands auch wieder neue Warnungen.
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.01.2023
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