Es bleibt weiterhin wechselhaft und teils stürmisch. Zudem schneit es an den Alpen und im Bayerischen Wald. Doch wie kann man die Windgeschwindigkeiten und Schneemengen einordnen? Ein paar Fakten sollen Aufschluss bringen.
Wer kennt es nicht? Man macht sich am Morgen vor dem Spiegel die Haare, verlässt mit einer nahezu perfekten Frisur das Haus und dann passiert es? Eine Windböe jagt durch die Straße und legt die Haare kurzerhand auf die andere Seite der Schädeldecke oder stellt sie kerzengerade auf: Fertig ist die "Sturmfrisur".
In dieser Woche wird es wahrscheinlich einigen Menschen ähnlich ergehen. Denn nach einem windigen Auftakt am Montag und Dienstag geht es heute mit starken bis stürmischen, teils auch Sturmböen weiter. Auch über das Wochenende hinweg bleibt es windig und wechselhaft. Woran liegt das?
Deutschland befindet sich zurzeit wettertechnisch "zwischen den Stühlen". Während ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen über Skandinavien und die Ostsee hinwegjagt, hält sich über dem nahen Nordostatlantik vor den Toren Westeuropas tapfer hoher Luftdruck. Am Montag standen sich noch Tief "Nicolas" und Hoch "Beate" gegenüber, heute steigen hingegen Tief "Oleg" und Hoch "Cäcilie" in den Ring.
Wir befinden uns quasi dazwischen in einer strammen nordwestlichen Strömung, die uns gut durchbläst. Eingelagert in diese Strömung sind auch wiederholte schauerartige Niederschläge. Aufgrund der einfließenden milderen Meeresluft fällt dabei meist Regen - es gibt jedoch Ausnahmen. Insbesondere höher gelegene Nordweststaulagen sollten ebenfalls etwas Neuschnee abbekommen. Interessant wird es insbesondere im Bayerischen Wald und an den Alpen. Denn dort können sich die Schneemengen von Mittwoch bis Freitag in höheren Lagen auf 30 bis 80 Zentimeter akkumulieren. Am östlichen Alpenrand sind sogar punktuell 100 Zentimeter drin. Damit nicht genug, am Wochenende stehen dort laut aktueller Modellrechnungen sogar noch weitere Schneefälle an. Das Wetter ist also recht spannend in dieser Woche!
Allerdings hängt man als Laie immer ein wenig "in der Luft", wenn es darum geht, Neuschneemengen oder Windgeschwindigkeiten realistisch einzuordnen. Deshalb kann ein Blick auf die vergangenen Rekordwerte helfen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie heftig das bevorstehende Wetterereignis ausfallen könnte. Selbstverständlich hängt dies natürlich auch immer von den lokalen Gegebenheiten, der Anfälligkeit der Infrastruktur, etc. ab.
Beginnen wir beim Wind: Bereits an den vergangenen beiden Tagen konnten an der Nordsee und Ostsee schwere Sturmböen um 100 Kilometer pro Stunde (kurz: km/h), teils sogar orkanartige Böen bis 115 km/h registriert werden. Für die Küstenregionen stellt dies in der Regel kein allzu großes Problem dar. Bei einem ausgewachsenen Orkantief sehen die Norddeutschen schon mal Windgeschwindigkeiten weit über 120 km/h. Spitzenreiter ist die Station List auf Sylt, die sagenhafte 184 km/h registrierte, als Orkantief "Anatol" über den Süden Skandinaviens und die Ostsee am 03. Dezember 1999 hinweg zog.
Anders sah es gestern in Berlin aus. Dort zog am späten Dienstagabend ein Gewitter auf, das nicht nur mit Blitzen und Donner einherging. Die Station in Berlin-Tempelhof registrierte gegen 20:39 Uhr eine Böe mit einer Windgeschwindigkeit von 99 km/h. Zwar sind dem Autor bisher keine nennenswerten Schäden bekannt, dennoch kann eine solche Böe in einer dicht besiedelten Großstadt natürlich größere Auswirkungen besitzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Stadt deutlich seltener von solchen Windgeschwindigkeiten heimgesucht wird. Besonders gefährlich sind dann herabstürzende Äste, Dachziegel oder umherfliegende lose Gegenstände. Auch einzelne Bäume können dabei entwurzelt werden.
Und wie sieht es beim Schnee aus? Wie sind die 100 Zentimeter am östlichen Alpenrand einzuordnen?
Der schneereichste Ort Deutschlands im Stationsnetz des Deutschen Wetterdienstes ist - wenig überraschend - die Zugspitze. Allerdings lässt die zurzeit dort gemessene Schneehöhe sehr zu wünschen übrig. Nach einer außergewöhnlich milden Periode ab der zweiten Dezemberhälfte bis in den Januar kommt der höchste Berg Deutschlands momentan lediglich auf eine Schneehöhe von 155 Zentimeter. Um an einem 01. Februar solch niedrige Schneehöhen zu sehen, muss man schon ins Jahr 2007 zurückblicken. Betrachtet man die höchste, am 01. Februar gemessene Schneehöhe, so stammt diese auf dem Jahr 1981 mit 530 Zentimetern. Die Rekordschneehöhe auf der Zugspitze stammt hingegen vom 26. April 1980 mit sagenhaften 780 Zentimeter.
Auch wenn man sich in tieferen Lagen umschaut und beispielhaft die Station Reit im Winkl im Chiemgau herauspickt, so sind die dortigen 15 Zentimeter Schneehöhe derzeit eher schwach. Am 01.02.1963 lagen dort beispielsweise schon 145 Zentimeter, geht man noch etwas weiter zurück, so wurden am 10.03.1945 sagenhafte 221 Zentimeter gemessen. Wie dem auch sei, die Alpenregionen können den Neuschnee auf jeden Fall gut vertragen.
Die Frage ist eben nur, in welcher Zeit solche Mengen niedergehen und wo. Da die Neuschneemengen voraussichtlich nur in höheren Berglagen zusammenkommen, sollten sich die Auswirkungen auf die Infrastruktur meist in Grenzen halten. Höher gelegene Straßen und Wege können jedoch stellenweise unpassierbar werden. Aber auch in einigen Alpentälern ist nicht ganz ausgeschlossen, dass es dort zumindest vorübergehend auch mal bis in tiefe Lagen schneit. 100 Zentimeter sind dann aber nicht drin. Wie dem auch sei, für die Hochlagen sind Mengen bis 100 Zentimeter in 48 Stunden ebenfalls recht selten. Entsprechend laufen aktuell auch Unwetterwarnungen für die entsprechenden Höhen. Dazu kann dort ein stürmischer Wind für größere Schneeverwehungen und Triebschneeansammlungen sorgen, wodurch auch eine erhöhte Lawinengefahr aufkommen dürfte.
Weitere Infos zur Wetterlage sowie stets aktuelle Warnungen finden Sie unter www.dwd.de oder in der WarnWetter-App. Schauen Sie doch mal rein! Denn neben Sturm und Schnee können durchaus auch lokal eng begrenzt Gewitter, Dauerregen, Frost und Glätte auftreten.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2023
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