Das Wetter war in den vergangenen Tagen ziemlich turbulent. Eine markante Luftmassengrenze lag über Deutschland. Während im Norden die Temperatur kaum über 0 °C stieg, war es im Süden bis zu 15 °C warm. Kräftige Schneefälle in der Mitte und im Norden waren die Folge, während es im Süden teils stark regnete. Ursache dafür ist eine sogenannte südliche Westlage. Doch was macht eine südliche Westlage aus?
Bei einer typischen Westwetterlage bilden sich zumeist in der Labradorsee Tiefdruckgebiete, die in rascher Abfolge eingebettet in eine kräftige West-Ost gerichtete Höhenströmung überwiegend zwischen dem 50. und 60. Breitengrad ostwärts ziehen. Vom Nordatlantik kommend überqueren sie häufig die Britischen Inseln, ziehen weiter zur Nord- und Ostsee und anschließend nach Osteuropa. Dabei beeinflussen ihre Frontensysteme auch Mitteleuropa.
Bei einer südlichen Westwetterlage ist die Frontalzone, die polare Luft von subtropischer Luft trennt, und somit auch der Jetstream sehr weit nach Süden verschoben. Somit nehmen auch die Tiefdruckgebiete eine südliche Zugbahn und ziehen mit ihrem Kern häufig über Mitteleuropa. Nicht selten wird auf ihrer Vorderseite subtropische Luft nach Norden geführt, während von Norden am Rande eines Nordmeerhochs arktische Kaltluft entgegenhält. Dies führt oft zu einer sehr scharfen Luftmassengrenze über Mitteleuropa, an denen es auf wenigen 100 Kilometern Temperaturunterschiede von über 10 Grad geben kann. Da diese Luftmassengrenze sich nur langsam verlagert, kann es in ihrem Bereich längere Zeit Niederschläge geben, die durch die Temperaturgegensätze noch verstärkt werden. Die Folge sind starke Schneefälle an der Nordseite, oft starker gefrierender Regen im Übergangsbereich und manchmal heftige Regenfälle auf der warmen Südseite.
Die bisher heftigste dieser Lagen war um den Jahreswechsel 1978/79. Damals standen sich bis -16 °C im Nordosten und 10 °C am Oberrhein gegenüber. Die Luftmassengrenze kam nur sehr langsam voran und ging auf der kalten Seite mit einem der heftigsten Schneestürme in Deutschland einher. Im Nordosten fiel über ein halber Meter Schnee, der bei stürmischen Böen stark verwehte. Im Übergangsbereich trat extremer Glatteisregen auf.
Zuletzt gab es eine ähnliche Lage am 08.02.2021. Damals waren die Temperaturgegensätze mit etwa -8 °C in der Mitte und +10 °C am Oberrhein nicht ganz so extrem. Dennoch fiel in der Mitte teils ein halber Meter Schnee, während es in einem streifen weiter südlich starkes, zentimeterhohes Glatteis gab.
Bei der derzeitigen Lage sind die Auswirkungen bei Weitem nicht so extrem. Es gab zwar kräftigen Regen und etwas stärkere Schneefälle mit über 10 cm in der Mitte und im Norden, von Unwettern blieben wir aber verschont. Dies liegt vor allem daran, dass die ganz kalte arktische Luft uns dieses Mal nicht erreichte. Da sich das Hoch über Grönland rasch zurückgezogen hat, ging der Hauptkaltluftvorstoß weit von uns entfernt über Ostgrönland und dem Nordmeer nach Süden.
Heute Nacht wird uns noch mal ein Tiefdruckgebiet von west nach Ost überqueren, dass im Süden und in der Mitte Sturmböen bringt. Auf seiner Rückseite wird die Kaltluft wieder nach Süden geführt, wodurch es Schneefälle bis in tiefe Lagen gibt.
Da sich das angesprochene Hoch nach Nordkanada zurückgezogen hat, nehmen die Tiefdruckgebiete nun wieder eine nördlich Zugbahn ein. Die Wetterlage geht als wieder in eine normale Westwetterlage über. Das heißt, es bleibt wechselhaft und zeitweise windig. Kurze kalte Phasen wechseln sich mit wärmeren Phasen ab. So wird die Kaltluft am Sonntag bei uns wieder rasch ausgeräumt. Am Montag gibt es dann im Süden sogar frühlingshafte Temperaturen bis 19 °C, ehe es wahrscheinlich am Mittwoch erneut einen voraussichtlich kurzen Kaltlufteinbruch gibt. Zumindest im Bergland wird dann wieder Schnee erwartet.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst