Der Blick in die Wetterkarten macht derzeit wirklich keinen Spaß. Es ist Mitte April und wir diskutieren über Schneefallwarnungen, Frost und Glätte. Zum Wochenende kommt dann ein Schwall warmer Luft, bevor in der neuen Woche die nächste "Kältewelle" ansteht.
Wer wie ich ständig einen Ohrwurm hat, der "hört" zurzeit vielleicht auch häufiger Herbert Grönemeyers "Was soll das?". Dass ein April eher unbeständig ist, mit Auf und Ab bei der Temperatur und mal Sonne, mal Regen, ist hinlänglich bekannt und auch mir nicht fremd. Aber dass wir permanent quasi vom mitteleuropäischen Winter in den Sommer und zurück wechseln, ist dann doch auf Dauer etwas viel. In unserer täglichen Wetterbesprechung tauchen wieder die Worte "Glätte" und "Schneefall" auf, an einem 19. April. Die Straßenwinterwettersaison hat eigentlich schon geendet. Jetzt reden wir über Glätte in den mittleren und hohen Lagen der Mittelgebirge und ich meine nicht den Hochschwarzwald oder Bayerischen Wald, sondern Harz, Thüringer Wald, Spessart und Rothaargebirge. Regionen, in denen im Winter der Wintersport zu kurz kam und man sich ernsthaft Gedanken um die Zukunft macht.
Grund für den Kälteeinbruch ist ein Kaltlufttropfen, auch Höhentief genannt. Wie der Name schon sagt, ist es im Bodendruckfeld nicht zu finden, lässt sich aber zum Beispiel auf Temperatur- und Geopotentialkarten von 850 oder 500 Hektopascal gut erkennen. Wir liegen aktuell am Südrand eines umfangreichen Hochdruckgebietes über Nordeuropa. Von diesem tropfte ein Gebiet kalter Luft ab, welches ab den Mittwochabendstunden in östlicher Strömung westwärts über uns hinwegziehen wird.
Dabei kommt es zu Regen- und in kalter Luft auch zu Schneefällen. Die Schneefallgrenze sinkt vorübergehend bis nahe 400 Meter. Da die Böden aber angewärmt sind, bleibt der Schnee in diesen Lagen voraussichtlich nicht liegen. Erst in den höheren Lagen ab etwa 600 bis 800 Metern kann sich je nach Niederschlagsintensität kurzzeitig eine dünne Schneedecke bilden. Auf Gras eher als auf Straßen und Wegen, aber Glätte ist möglich. Kalt wird es allemal und so muss man sich eine weitere Nacht Gedanken um die lieben Pflanzen im Garten machen. Wer kann, sollte abdecken oder reinholen. Vor allem im Bergland und gebietsweise auch im Süden gibt es Luftfrost, sonst über der Mitte und im Süden Frost in Bodennähe.
Auch an den Alpen schneit es wieder, eine Schneedecke bildet sich dort voraussichtlich oberhalb von 1000 Metern und es können sich bis Donnerstagabend ein paar Zentimeter akkumulieren.
Am Donnerstag zieht der Kaltlufttropfen weiter über Benelux und Nordfrankreich in den Ärmelkanal. Bei uns beruhigt sich also von Osten her das Wetter. Vor allem im Westen und Süden gibt es aber anfangs noch ein paar Regen-, im Bergland Schnee- oder Schneeregenfälle. Wer früh raus muss und in höheren Lagen von Eifel, Hunsrück oder Rothaargebirge wohnt, der sollte ein Auge auf Glätte haben.
Temperaturmäßig machen wir am Donnerstag in der Südwesthälfte des Landes keine großen Sprünge, im Osten ist die Luft schon wieder milder und Tagesmaxima von über 10 Grad sind möglich. Am Freitag liegt das Höhentief über Südengland und wird allmählich von einem Bodentief vereinnahmt. Bei uns fließt wieder deutlich mildere Luft ins Land, die Tageshöchstwerte erreichen deutlich über 15 Grad. Am Samstag sind gar verbreitet um 20 Grad zu erwarten. Allerdings macht sich im Tagesverlauf von Westen her ein Tiefdruckgebiet mit dichteren Wolken und Schauern oder auch Gewittern bemerkbar.
Wir steuern also vom Winter in der Wochenmitte Richtung Sommer am Wochenende. Der geschätzte Kollege aus der Mittelfrist hat für die nächste Woche einen weiteren Schwall kalter Luft "gefunden", der erneut für Schneefall und teils frostige Nächte sorgen kann..
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.04.2023
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