"Ohne Blumen keine Bienen. Ohne Bienen kein Leben" - Am heutigen Weltbienentag wollen
wir das Thema des Tages dem fleißigen Fluginsekt widmen, das einerseits eine für uns
existenzielle Bedeutung hat, andererseits aber auch stark abhängig von Wetter- und
Umwelteinflüssen ist.
Jetzt im Frühling hört man es überall in der Natur wieder summen. Die Bienen sind
wieder unterwegs, um Blütenstaub und Nektar zu sammeln. Bei der "Weiterverarbeitung"
im Bienenstock entsteht nicht nur der von vielen geliebte Honig, bei der
Nahrungsaufnahme tragen sie zudem Pollen von Blüte zu Blüte und sorgen damit für die
Bestäubung und Fortpflanzung zahlreicher Blüten- und Nutzpflanzen. Bienen gehören
damit zu den wichtigsten Nutztieren des Menschen. Ohne sie würde nicht nur die
Artenvielfalt stark in Mitleidenschaft gezogen werden, sondern es käme auch zu
massiven Engpässen in der Nahrungsmittelproduktion. Von Früchten und Gemüse bliebe
nicht mehr viel übrig, der Gesamtschaden wird auf mindestens 150 Milliarden Euro
geschätzt. Albert Einstein sagte einst, wenn die Biene von der Erde verschwindet
würde, hätte der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Das mag stark überspitzt
ausgedrückt sein, hat aber durchaus einen gewissen Wahrheitsgehalt. Bedroht wird
das Bienenvolk vor allem durch intensive Nutzung von Agrarlandschaften,
Schädlingsbekämpfungsmittel, Parasiten und Blütenmangel.
Neben Umwelteinflüssen sind die Bienen, insbesondere ihre Fluggewohnheiten, aber
auch stark abhängig von den meteorologischen Begebenheiten sowie dem Zustand und
der Entwicklung des jeweiligen Bienenvolkes. Die wichtigsten Wetterelemente sind
die Lufttemperatur, die Windgeschwindigkeit, die Niederschlagssumme sowie die
Strahlungsintensität. Die hiesige Honigbiene startet ihre Flugtätigkeit ab etwa
8 Grad. Liegt die Temperatur tiefer, besteht die Gefahr, dass die Biene Schaden
nimmt und nicht mehr zum Nest zurückkehren kann. Dann werden nur unbedingt
notwendige "Kurzstreckenflüge" getätigt, beispielsweise zur Kotentleerung nach
der Winterruhe oder zum Wassertransport. Auch bei Temperaturen um 10 Grad entfernt
sich die Biene aus Sicherheitsgründen nicht weit vom Nest, es könnte ja zu
unerwarteten Wetter- und Temperaturstürzen kommen, die ihr das Leben kosten können.
Steigt die Temperatur über 10 Grad, sind bereits einige mutige "Pollensammlerinnen"
unterwegs, die die für die Bruttätigkeit unbedingt notwendigen Pollen einsammeln.
Erst ab der Marke von etwa 20 Grad kann man für die hiesige Honigbiene von optimalen
Flugbedingungen sprechen. Darüber hinaus sind "Strahlungstage", also Tage, an denen
Sonnenschein dominiert, günstig für einen ausgeprägten Bienenflug, starker Wind und
Regen wirken dagegen hemmend.
Mit diesen Erkenntnissen lassen sich Modelle
rechnen, die die Bienenflugaktivität vorhersagen. Ein solches Modell hat auch der
Deutsche Wetterdienst in seinem Portfolio. Von März bis Oktober wird der Bienenflug
vorhergesagt, wobei eine Einteilung in 5 Intensitätsstufen (kein, gering, mittel,
hoch, sehr hoch) erfolgt. An der Station Offenbach-Wetterpark wird - wie an vielen
anderen Orten auch - in den nächsten Tagen eine hohe bis sehr hohe Flugtätigkeit
vorhergesagt, was an dem zumeist sonnenscheinreichen und zunehmend warmen Wetter
liegt.
Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass das Modell im Wesentlichen nur die
"externen", meteorologischen Faktoren berücksichtigt, nicht aber die "internen"
Faktoren, die den Zustand des Bienenvolks selbst betreffen. Generell hat bei
den Bienen die Brutpflege Vorrang. Erst wenn diese sichergestellt ist, werden
"Arbeiterinnen" zur Nahrungsaufnahme abgestellt. Je nach Entwicklung des Volkes
und Bienenzahl im Frühjahr, kann ein vorübergehendes Ungleichgewicht zwischen
pflegender Brut und den Arbeiterinnen trotz guter Flugbedingungen zu einer
verminderten Flugtätigkeit führen. Im Gegensatz dazu treten "waghalsige"
Wasserträgerinnen bei Notsituationen zum Teil auch bei Temperaturen unter
8 Grad Flüge zur Wasserversorgung an. Unabhängig von der Entwicklung des Volkes
und der Wetterbedingungen ist ein ausreichendes Blütenangebot essenziell: Ohne
Blüten, kein potenziell gefährlicher Ausflug. Dahingehend ist die Biene ziemlich
pragmatisch.
Im Übrigen gibt es viele Möglichkeiten, wie Sie die heimischen Bienen bei ihren
wichtigen Aufgaben unterstützen können. Dazu zählt beispielswiese das Pflanzen
blühender, bienenfreundlicher Gewächse, das Anbringen von Nistmöglichkeiten für
Wildbienen und der Verzicht auf Pestizide. Darüber hinaus sollte man auf
bienenfreundliche, saisonale Lebensmittel aus regionalem und ökologischem Anbau
zurückgreifen und Honiggläser immer auswaschen, um Bienenkrankheiten vorzubeugen.
Denn: Geht's den Bienen gut, geht's uns allen gut!
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.05.2023
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