Heute betrachten wir die gefallenen Niederschlagsmengen im kürzlich zu Ende gegangenen meteorologischen Frühjahr im Detail.
Nach Jahren der Trockenheit kam im vergangenen Frühjahr endlich der lang ersehnte Niederschlag, der die Wasserspeicher in den Böden sowie die Speicherseen wieder füllte und die Dürresituation in Deutschland (zunächst) abmilderte. Im deutschlandweiten Flächenmittel kamen insgesamt 197 Liter pro Quadratmeter (l/m²) zusammen und damit 106% (115%) der durchschnittlichen Regenmenge aus der Referenzperiode 1961-1990 (1991-2020). Es war zugleich das nasseste Frühjahr seit 2013. Wie der Niederschlag über die einzelnen Monate verteilt war, schauen wir uns im heutigen Thema des Tages an.
Der diesjährige März war der elftnasseste seit 1881 und der nasseste seit 2001, also seit 22 Jahren. Mit 90,4 l/m² fielen 160%* (159%**) der durchschnittlichen Monatsmenge. Vor allem im Westen sowie von Hessen bis Franken, in Teilen von Sachsen-Anhalt, entlang der Oder und in der Uckermark regnete oder schneite es teils mehr als das Doppelte der üblichen Menge (s. Abb. 1). In Oranienbaum (östliches Sachsen-Anhalt) kamen mit 152 l/m² (364%) sogar mehr als das Dreifache der üblichen Menge zusammen, ebenso in Manschnow an der Oder mit 69 l/m² (310%). Die größten Niederschlagssummen wurden aber im Bergischen Land in NRW und insbesondere im Schwarzwald registriert (z.B. Sankt Blasien-Menzenschwand: 294 l/m², 178%). Deutlich zu wenig Niederschlag wurde hingegen im östlichen Oberbayern und weiten Teilen Niederbayerns sowie in Vorpommern beobachtet (s. Abb. 2). In Taufkirchen und Pfarrkirchen wurden mit jeweils nur 26 l/m² (43% bzw. 48%) weniger als die Hälfte des üblichen Niederschlags gemessen.
Im April setzte sich regional die regenreiche Phase fort. Mit 63,6 l/m² fiel 9% mehr als im Mittel von 1961-1990; bezüglich der deutlich trockeneren Periode 1991-2020 betrug die Abweichung sogar 42% und es handelte sich um den nassesten April seit 15 Jahren. Im Südosten Bayerns wurde das Niederschlagsdefizit vom März rasch ausgeglichen. In Wurmannsquick landeten mit 119 l/m² mehr als das Doppelte der üblichen Niederschlagsmenge (228%) im Messtopf, ebenso im nahegelegenen Pfarrkirchen (126 l/m², 209%), das im Vormonat zu den trockensten Orten Deutschlands zählte. Aber auch im Allgäu, im Osten Baden-Württembergs, in den westdeutschen und zentralen Mittelgebirgen sowie in Teilen Ostdeutschlands kam reichlich Niederschlag vom Himmel. Die höchsten Niederschlagssummen wurden in Balderschwang (344 l/m², 177%) und auf der Zugspitze (305 l/m², 153%) gemessen. Am wenigsten Regen wurde von Rügen (Arkona: 13 l/m², 38%) bis Usedom (21 l/m², 53%) beobachtet. Auch in der Südosthälfte Niedersachsens, in Ostwestfalen und vom Westerzgebirge bis nach Mittelfranken gab es weniger Niederschlag als üblich. In Bückeburg und Höxter-Lüchtringen (jeweils an der Grenze zwischen NRW und Niedersachen) wurden mit nur 23 l/m² (44%) bzw. 24 l/m² (41%) nicht einmal die Hälfte des Monatssolls registriert.
Der Mai begann so regenreich, wie der April endete, doch ab der zweiten Maidekade kam nicht mehr viel Regen dazu. Demnach wurden im deutschlandweiten Flächenmittel mit 42,7 l/m² nur 60%* (61%**) der üblichen Regenmenge erreicht. Besonders trocken war es in den ostdeutschen Bundesländern. Vielerorts wurden weniger als 10 l/m², an zahlreichen Messstationen sogar weniger als 5 l/m² erfasst. Arkona auf Rügen war nicht nur im April, sondern auch im Mai der trockenste Ort Deutschlands mit kläglichen 1,5 l/m² (4%). Auch in Gardelegen-Lindstedterhorst nördlich von Magdeburg wurden lediglich 1,6 l/m² (3%) gemessen. Ganz anders sah es am Alpenrand aus, wo stellenweise über 200 l/m² vom Himmel prasselten. Die beiden nassesten Orte waren abermals die Zugspitze (280 l/m², 163%) und Balderschwang (274 l/m², 130%). Die größten positiven Abweichungen von der durchschnittlichen Monatsmenge gab es hingegen in Teilen von NRW, z.B. in Finnentrop-Weringhausen mit 140 l/m², was 189% des Monatssolls entspricht.
Summa summarum war das Frühjahr also im Deutschlandmittel leicht zu nass, jedoch mit regionalen Unterschieden. Vor allem im Westen und Nordwesten, aber auch in weiten Teilen Hessens sowie am Alpenrand und in einigen Mittelgebirgsstaulagen verlief das Frühjahr mit einem Plus von 30 bis 50% deutlich zu nass. In Gottmadingen nahe Schaffhausen und in Suhl-Heidersbach wurden sogar 177% bzw. 171% des Niederschlagssolls erreicht. Die niederschlagsreichsten Regionen waren der Alpenrand mit 550 bis 850 l/m² (z.B. Balderschwang: 850 l/m² (145%), Zugspitze: 820 l/m² (151%)) und der Schwarzwald mit gebietsweise über 500 l/m². Entlang der Ostseeküste zeigt sich hingegen ein ganz anderes Bild. Dort war das Frühjahr mit 60 bis 90 l/m² viel zu trocken. Auf Fehmarn fielen nur 72 l/m² (59%), auf Arkona gar nur 63 l/m² (60%), wobei es dort im April und Mai mit insgesamt nur 14,4 l/m² extrem trocken war. Neben dem Nordosten verlief das Frühjahr aber auch in Teilen von Sachsen-Anhalt, Sachsen, in Teilen Mittelfrankens, im Raum Stuttgart und am Oberrhein signifikant zu trocken (70-80% des Solls).
Seit über drei Wochen befindet sich Deutschland nun in einer Trockenphase (siehe gestriges Thema des Tages vom 07.06.2023). Die negativen Folgen wie Waldbrandgefahr, sinkende Pegel und zunehmende Dürre machen sich bereits bemerkbar, wie am Vortag ausführlich beschrieben wurde. Die aktuellen Gewitter bringen nur kleinräumig eine Entspannung und bis in die kommende Woche hinein werden keine flächendeckenden Niederschläge erwartet. Ob wir am Beginn eines erneuten Dürresommers stehen, bleibt aber noch abzuwarten.
* Referenzperiode 1961-1990, ** Referenzperiode 1991-2020
Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.06.2023
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