Im zweiten Teil dieser Reihe wird es etwas frostig; ganz im Gegensatz zu den Temperaturen der letzten Tage. Die Schwerpunkte dieses Mal sind die Russlandfeldzüge von Napoleon und Hitler und der Hungerwinter 1946/47.
Im ersten Teil dieser Reihe wurde der Einfluss des Wetters auf zwei historische Ereignisse zur Zeit des Zweiten Weltkrieges thematisiert. Zum einen wurde auf die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 eingegangen. Zum anderen kam der D-Day (06. Juni 1944) zur Sprache, der erste Tag der Invasion der Alliierten an der französischen Atlantikküste in der Normandie. Entscheidend waren hierbei vor allem die Sichtbedingungen sowie beim D-Day noch die Kriterien "Wind" und "Regen"
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2023/8/7.html). Im heutigen Teil wird es nun ein wenig winterlich (in vier Monaten ist ja schließlich auch schon wieder Weihnachten ?). Zu Beginn soll zunächst einmal die Frage geklärt werden, was Napoleon und Hitler gemeinsam hatten. Beide scheiterten mit ihrem Feldzug in Russland und das lag mitunter auch am Wetter.
Hitler gab am 22. Juni 1941 den Befehl zum "Unternehmen Barbarossa", dem Einmarsch in die Sowjetunion. Bis dato hatte Nazideutschland bereits große Teile Europas durch seinen Blitzkrieg überrollt. Nun begann mit dem Krieg des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die kommunistische Sowjetunion ein Krieg der Ideologien. Fast auf den Tag genau, am 24. Juni, aber 129 Jahre zuvor, startete Napoleon einen Feldzug gegen Russland, dessen Ende nicht nur die Zerschlagung einer zu diesem Zeitpunkt schon stark reduzierten Grande Armée bedeutete, sondern auch einen Wendepunkt in der Geschichte darstellte.
Die Winter 1812/13 und 1941/42 zählten in großen Teilen Europas zu den kältesten Wintern. Kommt dann ein dezimierter und schlecht ausgerüsteter Angreifer hinzu, der einem zahlenmäßig überlegenen, nach einigen Anlaufschwierigkeiten gut ausgerüsteten und vor allem motivierten Gegner gegenübersteht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Angreifer den Rückzug antreten muss. Auf beiden Seiten forderten aber nicht nur Kampfhandlungen hohe Opferzahlen, sondern auch Hunger, Krankheit und vor allem Kälte. Die sowjetische Armee konnte mit der Situation besser umgehen, weswegen sie nicht ganz so hohe Opferzahlen wie die Angreifer zu beklagen hatte. Aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges ist bekannt, dass die deutschen Soldaten versuchten, sich mit Stroh in den kaputten Stiefeln sowie gestohlenen Fausthandschuhen und Schals alter Frauen oder Mänteln gefallener Sowjetsoldaten warmzuhalten, aber gegen Temperaturen von bis zu -40 Grad half das wenig. In der Zivilbevölkerung Deutschlands wurden für die Soldaten Wintermäntel gesammelt, allerdings erreichten diese sie nicht vor Februar.
Vom Krieg schwer gebeutelt war Deutschland auch noch im Winter 1946/47 und die Städte glichen Trümmerwüsten. Dieser Winter zählte zu den kältesten Wintern des letzten Jahrhunderts. Davon betroffen war aber nicht nur Deutschland, sondern auch dessen Nachbarländer, die ebenfalls noch unter den Folgen des Krieges litten. Der Hungerwinter 1946/47 ist im Gegensatz zu den bisher erläuterten Beispielen kein historisches Ereignis, welches durch vorherrschende Witterungsverhältnisse beeinflusst wurde, sondern ist selbst ein historisches Ereignis, welches aufgrund der Lebensumstände vielen Menschen das Leben kostete und den Überlebenden nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Der Begriff "fringsen" fand damals Eingang in die deutsche Sprache und fasst die damaligen Lebensumstände in einem Wort zusammen. Der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings zeigte in seiner Silvesterpredigt 1946 Verständnis für diejenigen, die sich im Angesicht der Existenzbedrohung mit kleinen Diebstählen über Wasser hielten und sich das Dringendste nahmen, wenn sie es nicht durch ehrliche Arbeit bekommen konnten. Der Winter dauerte von Oktober bis in den März hinein. Bereits wenige Wochen später wartete der Juni mit einer Rekordhitze mit Höchsttemperaturen von rund 39 Grad auf. Der Sommer 1947 ist der viertwärmste der Messgeschichte. Der September 1947 sticht zudem mit einer relativ langen Hitzeperiode in der zweiten (!) Monatsdekade bis heute in den Statistiken heraus. In diesem Sommer vertrockneten die Äcker und es fehlten abermals die dringend benötigten Lebensmittel.
M.Sc. Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.08.2023
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