Des einen Freud ist des anderen Leid - während bei uns in Deutschland die ganze Woche im Zeichen des Sonnenscheins steht, versinken Teile Griechenlands in exorbitanten Regenfluten.
"Kataklysmus" wird im Deutschen im Sinne von "Weltuntergang" gebraucht. Ursprünglich kommt das Wort aus dem Altgriechischen ("Kataklysmos") und bedeutet "Sintflut", und wird diesbezüglich in erster Linie im biblischen Kontext verwendet. Metaphorisch betrachtet ist das aber wohl auch keine Untertreibung angesichts dessen, was in einigen Landesteilen Griechenlands an Wassermassen zu erwarten ist.
Die europäische Großwetterlage ist in dieser Woche geprägt von einem Omega-Hoch. Dieses erhält den Namen aus der Form der umgebenden Höhenströmung, die einem großen Omega ähnelt. Flankiert wird dieses ausgeprägte Hoch von zwei recht kräftigen Tiefdruckgebieten bei Spanien und eben Griechenland. Bereits in Spanien sorgte diese Konstellation regional für heftige Überflutungen durch Starkregen, bei dem in Summe zwischen 50 und etwa 150 mm Niederschlag innerhalb weniger Stunden fielen. Ähnliches steht Griechenland in den nächsten 48 bis 72 Stunden bevor, allerdings in Verbindung mit noch wesentlich größeren Niederschlagsmengen.
Dabei kommen viele verschiedene Faktoren zusammen. Zum einen liegt das Tiefdruckgebiet über dem Mittelmeer und bewegt sich zunächst kaum von der Stelle. Weiterhin wird an dessen Vorderseite dauerhaft warme, sehr feuchte und hochreichend instabile Luft herangeführt. Diese trifft an der Ostküste des griechischen Festlandes auf etwa 500 m hohe Bergketten, sodass sich dort nahezu stationäre und wiederholt regenerierende Gewitter aufbauen, die entsprechend heftigen Starkregen über lange Zeiträume mit sich bringen. Dieser Vorgang wird von den verschiedenen Wettervorhersagemodellen in verschiedener Ausprägung simuliert. Grundsätzlich gemein ist allen diesen Vorhersagen der Ort des Eintreffens - nämlich die Region Thessalien im zentralen Griechenland - und die Heftigkeit in Form riesiger Niederschlagsmengen von vielen hundert Litern bzw. Millimetern.
Je nachdem, welches Modell man betrachtet, schwanken die Summen zwischen 400 und in der Spitze weit über 1000 mm. Einige räumlich hochaufgelöste Modelle, die die örtliche Topografie sowie die auftretenden Gewitter noch besser repräsentieren, zeigen entsprechend noch deutlich höhere Summen. Einen Hinweis darauf, dass vierstellige Gesamtsummen fallen können, ergibt sich durch die Tatsache, dass bereits am heutigen Dienstag an der Station Zagora seit den Frühstunden offenbar bereits über 500 mm Regen gefallen sind. Zur Einordnung: Das ist mehr als die doppelte Menge in einem kürzeren Zeitraum als beim Ahrtal-Hochwasser 2021.
Überhaupt sprengen die erwarteten Niederschlagsmengen wohl so ziemlich jede Statistik. Dass innerhalb von zwei bis drei Tagen über 1000 mm Niederschlag in Modellen simuliert werden, geschweige denn tatsächlich auch fallen, liegt außerhalb der bekannten Erwartungswerte und Wiederkehrzeiten. Welches Ausmaß die Überflutungen annehmen, lässt sich dabei höchstens erahnen, gleichzeitig aber auch schlimmes befürchten.
Auch mittelfristig bleibt es in der Region weiter spannend. Im Anschluss soll das Mittelmeertief südwestwärts ziehen, wo es sich über dem offenen Mittelmeer nochmals verstärkt und sich möglicherweise zu einem sogenannten "Medicane" entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Tief, welches aufgrund der hohen Wassertemperaturen von gebietsweise über 26 Grad tropischen Charakter annimmt und unter Umständen sogar eine Art Auge wie bei einem Hurrikan ausbildet (daraus leitet sich auch die Namensgebung ab). Trifft es dann nochmals auf Land, was vor allem für die nordafrikanische Küste durchaus realistisch erscheint, würde es dort am kommenden Wochenende für Sturm und weitere heftige Regenfälle sorgen.
M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.09.2023
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