Die ruhige, niederschlagsarme Phase ist nur von kurzer Dauer. Spätestens zum Wochenende sorgen Regenfälle wieder für ansteigende Hochwassergefahr!
Eine außergewöhnlich niederschlagsreiche Witterungsphase liegt hinter uns (siehe Thema des Tages vom 26.12.2023). Während die Zeichen aus meteorologischer Sicht zunächst auf Entspannung stehen, bleibt die Situation aus hydrologischer Sicht, sprich die Hochwasserlage, teilweise noch äußerst angespannt. Viele Flüsse führen immer noch Hochwasser, die Pegel sinken nur zögerlich. Es steht außer Frage, dass nun jeder etwas stärkere Regen zu einer raschen Re-Eskalation führen würde, nicht zuletzt auch, weil die Böden vielerorts wassergesättigt sind und das zusätzliche Wasser unmittelbar in den Flüssen landen würde.
Nicht nur die Hydrologen, sondern wohl auch alle Flussanrainer dürften derzeit äußerst aufmerksam die Niederschlagsprognose verfolgen. Deswegen blicken wir im heutigen Thema des Tages etwas genauer auf die Berechnungen der Wettermodelle in Bezug auf die Wetter- und Niederschlagsentwicklung der kommenden Tage.
Am heutigen Mittwoch (27.12.) heißt es erst mal durchschnaufen! Schwacher Zwischenhocheinfluss beruhigte das Wettergeschehen, in den meisten Regionen bleibt es trocken. Leider ist das verantwortliche Hoch GUSTI alles andere als beständig, das nächste atlantische Tief BODO mit Regenwolken steht bereits in den Startlöchern (siehe Abbildung 1).
Doch wie ist dieser immense, unwiderstehliche "Druck" der atlantischen Tiefs zu begründen? Wir haben es derzeit mit einer sehr beständigen "Westdrift" zu tun. Der Jetstream, das Starkwindband in der oberen Troposphäre in ca. 10 km Höhe, ist derzeit besonders stark ausgeprägt und mäandriert nur leicht, er "schlägt" also nur geringfügig nach Norden und Süden aus. Der Jetstream fungiert zurzeit also wie eine Schnellstraße für Tiefdruckgebiete, wobei es nur eine Fahrtrichtung gibt: von West nach Ost! Folglich rast ein Tief nach dem anderen vom Nordatlantik in Richtung Europa. Die sich vorübergehend zwischen den Tiefs aufbauenden Hochdruckgebiete haben keine Chance, länger an Ort und Stelle zu verbleiben. So stellt sich mit einer Reihe von Tiefausläufern ab Donnerstag bis über den Jahreswechsel hinweg der nächste niederschlagsreiche Wetterabschnitt ein.
Anhand der Prognosen des europäischen IFS-Modells soll die Niederschlagsentwicklung der nächsten Tage veranschaulicht werden (Abbildung 2). Insbesondere ab Freitag (29.12.) ist regional mit einer deutlichen Zunahme der Regenintensität zu rechnen. In der Berechnung stechen am Freitag und Samstag (29./30.12.) die Weststaulagen der westlichen, zentralen und östlichen Mittelgebirge heraus mit 24-stündigen Mengen von 10 bis 15 l/m². Am Sonntag und Montag (31.12./01.01.) scheinen neben den westlichen und nördlichen Mittelgebirgen vor allem der Norden und Nordwesten im Fokus zu stehen mit 10 bis 20, örtlich sogar bis nahe 30 l/m² innerhalb von 24 Stunden. Auch sonst kommen, mit Ausnahme des Südens und Südosten recht flächig um 5, gebietsweise bis 10 l/m² zusammen.
Die 24-stündigen Mengen mögen - separat betrachtet - sich vielleicht nicht nach besonders viel anhören. Aber über mehrere Tage hinweg läppern sich die Niederschlagssummen dann doch. Um die Prognoseunsicherheiten etwas mehr zu berücksichtigen sollen nun die von verschiedenen Modellen simulierten Gesamtmengen von Mittwoch bis Montag (27.12.-01.01.) betrachtet werden (Abbildung 3). Es fällt sofort auf, dass alle vier betrachteten Modelle einen Schwerpunkt in den Weststaulagen der Mittelgebirge sehen mit regional über 40 l/m², das GFS-Modell sogar mit bis zu 60 l/m² im Sauerland. Dass die Staulagen wieder einiges abgekommen werden, scheint also recht sicher. Größere Unsicherheiten bestehen offensichtlich noch im Norden und Nordwesten. Vor allem IFS rechnet mit sehr viel Niederschlag (40 bis 60 l/m²), GFS, ICON und UK10 haben in der Region "nur" etwa 30 bis 40 l/m² auf der Agenda. Generell wird es - mit Ausnahme der Südostens - eine nasse Angelegenheit bei verbreitet 10 bis 30 l/m² Regen bis Neujahr.
Die Entspannungsphase an den Flusspegeln scheint wohl also nur von kurzer Dauer. Spätestens zum kommenden Wochenende ist wieder mit stagnierenden oder steigenden Pegeln zu rechnen. Wie groß die Hochwassergefahr am Ende sein wird und welche Regionen besonders betroffen sein werden, ist noch nicht ganz klar. Allerdings scheinen ausgerechnet der Norden und Westen, wo die Flüsse bereits besonders viel Wasser führen, am ehesten betroffen zu sein.
Über die meteorologische Gefahrensituation hält Sie der Deutsche Wetterdienst auf dem laufenden. Dauerregenwarnungen können Sie auf der Internetseite www.dwd.de oder in der WarnWetter-App aufrufen. Für die hydrologische Gefahrenlage an Flüssen und Bächen sind die Hochwasserzentralen der Länder verantwortlich. Das länderübergreifende Hochwasserportal erreichen sie über folgenden Link: www.hochwasserzentralen.de.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.12.2023
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