Ausgerechnet zur klimatologisch gesehen kältesten Zeit des Jahres hat sich milde Luft durchgesetzt. Wie sieht es europaweit aus und wie hoch sind die Chancen auf ein Wintercomeback?
Was macht eigentlich der Winter? Seit der letzten großräumigen Glatteislage am 17. Januar und nachfolgender Kältephase bis zum Wochenende des 20./21. Januars hat er sich doch still und leise hierzulande verabschiedet (so wir denn die leichten Nachtfröste vor allem in der Südhälfte mal ausklammern beziehungsweise unter "handelsüblich" vernachlässigen). Dabei steht doch gerade jetzt statistisch gesehen die kälteste Zeit des Jahres bevor (siehe auch Thema des Tages vom 27.01.2024). Tja Pustekuchen, denn so viel sei vorab schon verraten, es geht auch in den kommenden Tagen mild weiter.
Ein Blick über die Ländergrenzen hinaus verrät, dass hochwinterliche Luftmassen in Europa derzeit so gut wie gar nicht anzutreffen sind. Über Teilen Skandinaviens liegt anfangs noch eine seichte Kaltluftschicht (Tiefstwerte vergangenen Nacht in Mittelschweden teils unter -20 Grad). Diese wird aber in den nächsten Stunden durch die sich zu einem gewaltigen Orkantief aufplusternde "MARGRIT" mit Spitzenböen an der Norwegischen Küste über 150 km/h, lokal sogar bis an die 200 km/h, ausgeräumt und durch mildere Meeresluft ersetzt. Auch in Russland muss man schon Richtung Sibirien wechseln, um für Ende Januar angemessene Temperaturen im deutlich zweistelligen Minusbereich zu finden.
Die Abbildung 1 zeigt eindrücklich, dass am morgigen Donnerstag nahezu europaweit positive Höchsttemperaturen zu erwarten sind. Im portugiesischen Lissabon steigt das Quecksilber gar auf frühsommerliche 22 Grad. Das ist dort klimatologisch betrachtet eher Ende April/Anfang Mai zu erwarten. Aktuell müsste man eher von rund 15 Grad ausgehen. Selbst in Skandinavien und Russland, wo aktuell in weiten Teilen noch reichlich Schnee liegt (siehe Abbildung 2), setzt flächendeckendes Tauwetter ein. Woher soll's also kommen?
Bei uns werden die kommenden Tage durch eine Hochdruckrandlage bestimmt. So etabliert sich über der Biskaya zwar das kräftige Hoch FRANK, es beschert aber lediglich dem äußersten Süden Deutschlands freundliches und trockenes Wetter. Sonst fließt mit einer westlichen Strömung am Nordrand des Hochs doch sehr feuchte Atlantikluft in weite Landesteile, die vielfach zu trübem Wetter mit zeitweiligem Nieselregen führt. Letztlich also mehr Herbst- als Winterfeeling. Auch bei den Temperaturen tut sich vorerst wenig, selbst die Nächte bleiben weitestgehend frostfrei.
Gibt es nun noch Hoffnung für die Winterfans? Bis etwa Mitte Februar stehen die Zeichen erst mal auf mild. Allenfalls Richtung Ostseeküste könnte aus Skandinavien vorübergehend mal ein Schwall kälterer Luft zu uns gelangen, wobei selbst das kaum durchweg für Schnee und Frost reichen dürfte. Aber, und das ist ein Hoffnungsschimmer, zumindest ausgehend von Lappland und Nordwestrussland kann sich die Kaltluft allmählich regenerieren und wieder etwas Boden nach Süden gutmachen. Ob sich im Anschluss erste zarte Anzeichen für ein (vorerst letztes?) Wintercomeback verfestigen, wird sich in den nächsten Tagen konkretisieren. Es wäre gerade noch rechtzeitig, bevor der Sonnenstand mit rasch ansteigendem Einfallswinkel gerade tagsüber jedwede Winterfreude ruck zuck zunichtemacht. Im März oder gar April braucht das schließlich kein Mensch mehr, oder?
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst