Satellitenmeteorologie (Teil 2) - Bunte Bilder für die Wetteranalyse

Heute zeigen wir, wie man mit einer geschickten Technik farbige Satellitenbilder erzeugen kann, die den Meteorologen zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten bieten.


Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse. Im ersten Teil dieser Reihe (Thema des Tages vom 7. Mai 2024) haben wir die Funktionsweise des Radiometers erklärt, das Herzstück eines jeden Wettersatelliten. Es blickt mit 12 "Augen", den sogenannten Kanälen, auf unsere Erde, wobei jeder dieser Kanäle einen gewissen Spektralbereich der von der Erde abgegebenen Strahlung "sieht". Drei der Kanäle empfangen Strahlung im solaren (sichtbaren) und acht im infraroten (thermischen) Bereich. Der 12. Kanal (HRV), das Adlerauge unter den Kanälen, besitzt eine besonders hohe Auflösung. Jeder Kanal sieht für sich betrachtet zwar weniger als unser Auge, in der Kombination aller Kanäle erfasst ein Radiometer aber weitaus mehr Informationen von der Erde als wir Menschen sehen könnten.


Jeder Kanal liefert den Meteorologen ganz individuelle Informationen. Jedoch stoßen die Kanäle auch an ihre Grenzen und manchmal ist eine eindeutige Interpretation der Bilder schwierig. Die Kanäle im sichtbaren Bereich sind nur tagsüber hilfreich, da die Erde nachts keine kurzwellige Sonnenstrahlung reflektiert. Auch kann man manchmal schwer zwischen Wolkenfeldern und Schneeflächen unterscheiden, da beide weiß erscheinen, also ähnliche Reflexionseigenschaften besitzen. Die Zuordnung der erfassten Strahlungstemperaturen der infraroten Kanäle ist auch nicht immer eindeutig. So können niedrige Temperaturen entweder von Wolken in höheren Atmosphärenschichten oder von einer stark ausgekühlten Erdoberfläche emittiert werden.


Um eindeutige Interpretationen der Satellitenbilder zu bekommen, müssen Informationen verschiedener Kanäle kombiniert werden. Eine besonders komfortable Möglichkeit bietet die sogenannte "RGB-Bildauswertetechnik". Dabei werden die Signale von drei verschiedenen Kanälen mit den Farben Rot (R), Grün (G) und Blau (B) eingefärbt. Fügt man die eingefärbten Bilder zu einem mehrfarbigen Bild zusammen, erhält man bunte Bilder - die sogenannten "RGB-Komposits". Die hierbei entstandenen Mischfarben können nun vom Meteorologen interpretiert werden. Bei der Zusammenstellung eines RGB-Komposits kann man übrigens sowohl die reflektierte Darstellung (hohe Werte der reflektierten Strahlung entsprechen hellen Pixeln) als auch die invertierte Darstellung (geringe Werte emittierter Strahlung entsprechen hellen Pixeln) miteinander mischen.


Einige RGB-Komposits haben sich besonders bewährt, von denen wir hier zwei näher erläutern. Abbildung 1 zeigt das Komposit "Luftmasse". Hierbei handelt es sich um vielmehr als nur ein farbenprächtiges Kunstwerk. Neben den weißlich erscheinenden Wolkenbändern geben uns die unterschiedlichen Farben Auskunft über die Herkunft und die Eigenschaften verschiedener Luftmassen. Mit grünen Farben können warme Luftmassen mit einer hohen Tropopause (Oberrand der Troposphäre), also tropische oder subtropische Luftmassen detektiert werden. Polare oder arktische Kaltluft mit einer niedrigen Troposphäre erscheint hingegen bläulich. Sinkt trockene Stratosphärenluft in die Troposphäre (untere Atmosphäre) ab, erkennt man dies anhand von rötlichen Farben, oft in Form rötlicher Schlieren.


Im dargestellten Beispiel befindet sich über dem Nordatlantik ein kräftiges Tiefdruckgebiet mit seinen charakteristischen Wolkenbändern. Die grünen Farben über Nordafrika, Spanien und der Biskaya (I) zeigen den mit subtropischer Warmluft angereicherten Warmsektor des Tiefs zwischen der Warmfront (Wolkenband über England und Frankreich) und der Kaltfront (Wolkenband über dem Atlantik). Nordwestlich davon sowie über dem Nordpolarmeer befindet sich polare Kaltluft (II), zu sehen an den blauen Farben. An den rötlichen Schlieren (IIIa) erkennt man, dass sich trockene Stratosphärenluft in das Tief einkringelt, welche zu einer Verstärkung des Tiefs beiträgt. Ebenso ist trockene Stratosphärenluft (IIIb) dafür verantwortlich, dass sich über dem Norden Deutschlands Gewitter (Kreuze) bilden.


Für uns Warnmeteorologen ist das Satellitenkomposit "Nacht" (Abbildung 2) eine große Hilfe. Er liefert uns eine Fülle von Informationen über Wolken in unterschiedlichen Höhen und zur Beschaffenheit der Erdoberfläche. Neben den Sichtweitenmessungen der Wetterstationen zeigen uns rötliche Farben Regionen mit Nebel- und Hochnebelfeldern (also sehr tiefliegende Wolken) und helfen uns dabei, auch nachts so gut wie möglich vor dichtem Nebel zu warnen. Höhere kompakte Wolkenfelder erscheinen hingegen weißlich, während dünne Eiswolken (Cirren) cyan-farben aussehen. Zudem kann man sogar Schneeflächen erkennen, da diese heller erscheinen als schneefreie Landoberflächen.


Neben diesen beiden RGB-Komposits gibt es noch eine Reihe weiterer bunter Satellitenbilder für unterschiedlichste
Anwendungsmöglichkeiten, die an dieser Stelle aber nicht näher erläutert werden. Zu nennen sind beispielsweise das "Echtfarben"-Komposit, der den Farben sehr nahekommt, die das menschliche Auge sehen würde. Das "Konvektion"-Komposit macht sich die unterschiedlichen Reflexionseigenschaften großer und kleiner Hydrometeore zu Hilfe, mit der man das Entwicklungsstadium von Gewitterwolken abschätzen kann. Wieder andere Komposits unterstützen uns bei der Detektion von Sandstürmen, Nebel oder Schnee. Aktuelle Satellitenbilder mit kurzen Erklärungen zu deren Interpretation erhalten Sie auf der Homepage der EUMETSAT
(https://eumetview.eumetsat.int/static-images/MSG/RGB).

Im dritten Teil wird der Unterschied zwischen geostationären und polarumlaufenden Satelliten erklärt.

Dr. rer. nat. Markus Übel

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.05.2024

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst