Zum Wochenstart stellt sich die Wetterlage um. Dann gelangt aus Südwesten feucht-warme Luft nach Mitteleuropa und lässt die Temperaturen rasch klettern. Hochdruckwetter ist aber weiter Fehlanzeige. Das verheißt nichts Gutes.
Mittlerweile schon seit einigen Wochen ist die Großwetterlage mehr oder weniger festgefahren. Ausgedehnte Hochdruckgebiete sowohl über dem Atlantik als auch über Russland bzw. Westasien blockieren die Westdrift und sorgen dafür, dass stattdessen kühle Luft aus (sub)polaren Breiten nach Süden gen Mitteleuropa ausbricht - der einzige Weg, der übrig bleibt. Manifestiert hat sich das vor allem in einem persistenten, d.h. über einen langen Zeitraum bestehenden Langwellentrog, in dessen Umfeld es immer wieder zur Ausbildung neuer Tiefdruckgebiete kam. Dementsprechend gestaltete sich auch der Wettercharakter: Nass und oftmals zu kühl. Unrühmlicher Höhepunkt waren die extremen Niederschläge vom Allgäu über Schwaben bis nach Oberbayern, die zu heftigen Überschwemmungen führten. Jetzt wollen wir aber nicht nur auf Vergangenes schauen, sondern den Blick auf die nahe Zukunft richten. Und da zeigt sich eine deutliche Änderung: Der wetterbestimmende Langwellentrog löst sich über Mitteleuropa auf und regeneriert sich erst wieder neu über dem östlichen Atlantik. Damit stellt sich die Strömung bei uns um auf südwestliche Richtung. Bahn frei für die warme und feuchte sommerliche Luftmasse aus Südwesteuropa!
Damit steigen die Temperaturen bereits ab Montag spürbar an. Vor allem im Süden Deutschlands, wo die Warmluft als erstes ankommt, steigen die Werte auf teils über 25°C an. Nur an der Nordsee, die weiterhin nah an der Frontalzone und damit an der kühleren Luft liegt, bleibt es bei Werten von 20°C. Am Dienstag und Mittwoch geht es dann weiter steil bergauf. Dann klettern die Höchstwerte im Süden und gegen Mitte bis Ende der kommenden Woche wohl auch im Osten auf 30°C. Dadurch stellt sich zwischen Süden und Norden ein veritabler Temperaturunterschied ein, der nicht folgenlos bleibt.
Bereits am Dienstag deuten die Vorhersagemodelle eine erste unwetterträchtige Schwergewitterlage an. Diese steht in Zusammenhang mit einer uns überquerenden Trogachse, die zum anfänglich erwähnten Langwellentrog auf dem Ostatlantik gehört. Der Durchgang dieser Trogachse sorgt für den nötigen Antrieb in der labil geschichteten Warmluftmasse, die sich mittlerweile über Deutschland breit gemacht hat.
Diese Luftmasse ist nicht nur anfällig für Gewitterbildung. Vielmehr weht im Zuge des Trogdurchgangs auch ein starker Höhenwind. Entsprechend hoch sind dadurch die Scherungswerte - also die Änderung des Windes mit der Höhe - die Werte um 50 kt (um 90 km/h) erreichen. Das ganze wird garniert durch hohe CAPE-Werte von 1000 bis 1500 J/kg. In der Summe also ordentlich atmosphärischer Zündstoff für die Bildung organisierter Gewittersysteme wie Superzellen oder sogenannten "Squall Lines". In diesen Fällen muss mit Begleiterscheinungen wie heftigem Starkregen, schweren Sturm- bis Orkanböen und großem Hagel gerechnet werden. Ob es am Ende wirklich so kommt, wird sich zeigen müssen. Für detailliertere Prognosen gehen noch ein bis zwei Tage ins Land.
Wie es nach dem Dienstag weitergeht, scheint aktuell noch offen. Während das deutsche ICON-Modell bereits wieder kältere Luft die Oberhand gewinnen lässt, zeigen sowohl das europäische Modell ECMWF als auch das amerikanische GFS am Donnerstag den Vorstoß einer Heißluftblase mit Temperaturen im 850 hPa-Niveau (etwa 1,5 km Höhe) von mehr als 20°C über die Alpen bis in den Süden Deutschlands. Bei diesem Szenario stände gleich die nächste ziemlich heftig anmutende Gewitterlage ins Haus. Wie es am Ende kommt, wird sich zeigen müssen. Es bleibt also auch in der kommenden Woche aus meteorologischer Sicht ziemlich spannend.
M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.06.2024
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