Schwere Gewitter sorgten in Teilen Deutschlands am gestrigen Dienstag für einiges an Ungemach. Einen Rückblick dazu gibt es im heutigen Thema des Tages.
Am gestrigen Dienstag war in Sachen Wetter einiges geboten! Wie bereits im Thema des Tages vom vergangenen Montag beschrieben, konnte sich über der nördlichen Mitte des Landes eine Luftmassengrenze ausbilden. Sie trennt feucht-warme Subtropikluft im Süden von deutlich trockenerer und kühlerer subpolarer Meeresluft. Im Bereich und am südlichen, warmen Rand der Luftmassengrenze konnten sich schwere Gewitter entwickeln, die über die breite Mitte des Landes zogen. Darunter war auch die ein oder andere Superzelle zu finden. Bei Superzellen handelt es sich um rotierende Gewitter, die aufgrund ihres hohen Organisationsgrades oft sehr langlebig sind. Nicht selten gehen sie mit Böen bis Orkanstärke, großem Hagel, heftigem Starkregen und manchmal auch Tornados einher. Daher gilt die Superzelle als eine der gefährlichsten Gewitterarten.
Ähnliche Begleiterscheinungen waren auch am gestrigen Dienstag dabei: Neben lokal heftigem Starkregen kam es zum Teil auch zu großem Hagel mit Korngrößen von rund 5 cm und schweren Sturm- bis mindestens orkanartigen Böen. "Mindestens" deshalb, da die höchste gemessene Böe 110 km/h betrug (Neu-Ulrichstein, Hessen). Es ist aber davon auszugehen, dass vereinzelt auch noch etwas höhere Böen auftraten, die aber nicht vom DWD-Messnetz erfasst wurden.
Zudem gab es mehrere Meldungen zu potentiellen Tornados, die unter anderem auch über die DWD-WarnWetter-App abgesetzt wurden - an dieser Stelle ein riesiges Dankeschön für die zahlreichen (Un-)Wettermeldungen! Während es von einem Fall im Raum Hildesheim (Niedersachsen) Videoaufnahmen gibt, die den Tornado gegen 20 Uhr zeigen, ist dies bei zwei anderen Fällen in Kirtorf (Hessen, gegen 14.15 Uhr) und Gröditz (Sachsen, gegen 18.45 Uhr) zumindest bisher nicht der Fall. Ein Tornado kann im Allgemeinen nur bestätigt werden, wenn Bild- oder Videomaterial vorliegen, das eindeutig den Tornado zeigt, oder nach einer gründlichen Analyse der aufgetretenen Schäden. Aufgrund der vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen und den vorliegenden Radardaten wäre aber zumindest der Tornado in Kirtorf plausibel. Der Fall in Gröditz deutet nach aktuellem Stand dagegen eher auf eine heftige Fallböe der Gewitterzelle hin. Aber egal ob Tornado oder Fallböe - es traten in beiden Fällen enorme Schäden auf.
Die ersten Gewitterzellen griffen gegen 11 Uhr von Frankreich und Belgien auf Rheinland-Pfalz und das Saarland über und zogen im weiteren Verlauf nordostwärts. Über Mittelhessen entwickelte sich dann gegen 14 Uhr die erste heftige Zelle, die sich weiter ost-nordostwärts bewegte und über Kirtorf schließlich zu dem Tornadoverdacht führte. Sie war eingebettet in einen Multizellencluster (Konglomerat mehrerer Gewitterzellen), der gegen 17.30 Uhr Leipzig erreichte und gegen 18.45 Uhr - wie angesprochen - Gröditz. Gegen 20.30 Uhr zog der Komplex nach Polen ab.
Doch damit nicht genug denn über Thüringen und Sachsen-Anhalt schossen bereits die nächsten Gewittertürme in die Höhe, die vor allem in der ersten Nachthälfte auch Sachsen und die Südhälfte Brandenburgs mit einer "Lichtershow" versorgten. Gegen 1.30 Uhr waren aber auch diese Gewitter nach Polen abgezogen. Im Westen kam derweil bereits das nächste Gebiet mit schauerartigen Regenfällen und einzelnen kräftigen Gewittern auf, das unter Abschwächung bis in die Mitte vorankam. Auch im Südwesten ging es in der vergangenen Nacht los mit der Blitzerei: Vom Oberrhein bis nach Oberfranken und ins Vogtland entwickelte sich eine Schauer- und Gewitterlinie, die sich erst im heutigen Vormittagsverlauf auflöste.
Auch in den kommenden Tagen bleibt es unruhig beim Wetter. Morgen stehen vor allem die Südwesthälfte, am Freitag dann weite Teile Deutschlands im Fokus kräftiger Gewitter.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.06.2024
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