Wahlwetter in Großbritannien


Im Vereinigten Königreich wird gewählt. Für uns ein Grund, einen Blick auf das "Wahlwetter" in Großbritannien zu werfen.


Großbritannien wählt ein neues Parlament, das im Vereinigten Königreich als Unterhaus bezeichnet wird. Seit dem Jahr 1935 fanden alle Unterhauswahlen an einem Donnerstag statt. Damit unterscheidet sich der Wahltermin bei den Untertanen von König Charles III von den Terminen in den meisten westlichen Demokratien. Dort wird überwiegend an Wochenenden gewählt, wie dies vor kurzem auch in Frankreich der Fall war.

Das heutige Wahlwetter gibt sich dabei, zumindest aktuell und gebietsweise, gar nicht wirklich britisch. Denn über weiten Teilen Englands scheint die Sonne. In der Abbildung 1 ist dazu als Zahlenwert der Sonnenschein zwischen 09 und 10 Uhr MESZ (in Minuten) angegeben. Diesbezüglich schafft es England auf 40 bis 60 Minuten, ebenso übrigens wie die Ostküste Schottlands und die beiden südschottischen Großstädte Edinburgh und Glasgow. Warum ausgerechnet der Südosten und Osten Großbritanniens so viel Sonne abbekommen, wird beim Blick auf die kleine, eingebettete Karte (entnommen aus wikipedia.de) klar. An den Gebirgszügen in Schottland, Nordengland und Wales stauen sich die von Westen und Nordwesten hereinziehenden Wolken, was an der Westküste und den dortigen küstennahen Gebieten dichte Wolken, entsprechend wenig Sonne und auch etwas Regen bedeutet (graue Wolkenbedeckung und grün-gelb-orange Radarreflektivitäten in Abbildung 1). Insofern gibt sich das Wetter in Schottland und Wales britischer als in England.

Ein kleines Schmankerl zeigt sich beim Blick auf die Wolkenstrukturen über Wales. Diese zeigen ein streifenförmiges Muster, wobei die Streifen von Nord-Nordost nach Süd-Südwest verlaufen und damit senkrecht zur Windrichtung orientiert sind. Ähnliche, wenn auch nicht ganz so scharf ausgeprägt, zeigen sich die Wolkenmuster über der Irischen See. Es handelt sich dabei um Leewellen (siehe https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv3=1015 76&lv2=101518), also stationäre Wellen, die bevorzugt auf der windabgewandten Seite von Gebirgen entstehen. Das wellenförmige, durch das Gebirge erzwungene Auf und Ab der Luftpakete sorgt dafür, dass in gleichmäßigen Abständen vom Gebirgskamm streifenförmige Wolken entstehen. Nebenbei bemerkt: Solche Leewellen nutzen Gleitschirm- oder Segelflieger gerne, um Höhe zu gewinnen, was sie dadurch erreichen, dass sie wolkenparallel entlang der Aufwinde der Leewellen fliegen.

Aber zurück zum Wahlwetter. Für die westliche bis nordwestliche Strömung sorgt das Tief CAPRICE, das heute Mittag vor der Küste Südnorwegens zu finden ist (Abbildung 2). Sein Frontensystem überquert den Norden Deutschlands heute von West nach Ost, auf der Rückseite der Front wird Polarluft in einem großen Bogen über Island nach Großbritannien transportiert, wobei sie sich erwärmt (schraffierte Pfeile). Auf der Karte, die von unseren britischen Kollegen stammt, ist südwestlich von Irland auch schon ein neues Tief zu erkennen, welches auf den Namen DELIA hört. DELIA sorgt insbesondere am Samstag über Deutschland für turbulentes Wetter, aber das ist eine andere Geschichte.

Für die Briten, auf denen heute unser Hauptaugenmerk liegt, stellt sich natürlich die Frage, ob der Regenschirm, möglicherweise mit Union-Flag-Muster, mit zum Wahllokal genommen werden muss. Diesbezüglich bringt Abbildung 3 mehr Klarheit.

Auf der linken Seite sind die 12stündigen Niederschlagsmengen bis heute Abend um 20 Uhr MESZ nach dem britischen Vorhersagemodell UK10, rechts die nach dem DWD-Modell ICON-EU abgebildet. Abgesehen vom Norden sollte es in England wohl trocken bleiben, relativ wenig Regen wird auch in Wales und Nordirland erwartet. In Schottland sieht dies dagegen deutlich anders aus. Kräftige Stauniederschläge haben die Modelle vor allem für den Nordwesten auf der Agenda, punktuell rechnen unsere Kollegen sogar mit mehr als 25 mm (Liter pro Quadratmeter) an Regen. Da ist ein adäquater Regenschutz sicherlich angebracht.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.07.2024

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