Der Einfluss von Saharastaubausbrüchen auf atlantische Hurrikans

Hurrikans haben ihren Ursprung häufig in einem Gebiet westlich der Sahara über dem zentralen Atlantik und werden dort teilweise von Saharastaubausbrüchen beeinflusst. Inwiefern diese Ausbrüche die weitere Entwicklung der Stürme beeinflussen erfahren Sie im heutigen Thema des Tages.

Aktuell befindet sich Hurrikan ERNESTO mit einem Kerndruck von 979 Hektopascal als Kategorie 1 Hurrikan nördlich der Dominikanischen Republik. ERNESTO wird sich voraussichtlich in den nächsten Tagen zu einem starken Hurrikan der Kategorie 3 entwickeln und dabei vor der Küste der USA nach Norden abdrehen. Abgesehen von den Bermuda-Inseln erreicht der Sturm im weiteren Verlauf aber kein Land und wird sich Anfang nächster Woche in die Westwindzone im Nordatlantik eingliedern. Damit könnte ERNESTO als außertropisches Tief im weiteren Verlauf auch auf unser Wettergeschehen Einfluss nehmen und die Vorhersagen hierzulande ordentlich durcheinanderwirbeln.
Wie konnte sich Ernesto zu einem Hurrikan entwickeln?

Die Brutstätte der meisten tropischen Wirbelstürme ist der östliche Atlantik. Grundlage dafür sind häufig mesoskalige konvektive Systeme, die in Südwest-Afrika im Bereich von kleinen Trögen, den (African Easterly Waves), entstehen. Einige dieser Gewittersysteme verlagern sich auf den östlichen Atlantik und können unter günstigen Bedingungen zu einem tropischen Wirbelsturm heranwachsen. Neben einer geringen vertikalen Windscherung (Windänderung mit der Höhe) und hohen Meeresoberflächentemperaturen von über 26 Grad spielen dabei auch Ausbrüche von Saharastaub eine wichtige Rolle. Intensive Staubstürme können in der Sahara gewaltige Mengen an Aerosolen aufwirbeln und diese mit dem Nordostpassat über den Atlantik transportieren. Befindet sich nun ein tropisches Tief oder auch ein schon ausgewachsener Hurrikan über dem Atlantik wird dieser von diesen Staubausbrüchen stark beeinflusst.

Durch die Absorption der kurzwelligen einfallenden Sonnenstrahlung an den Aerosolen entsteht im Bereich solcher Staubausbrüche eine stabile Schicht in der mittleren Troposphäre. Diese ist gekennzeichnet durch eine Temperaturinversion und eine sehr geringe Feuchte. Dies sind schlechte Bedingungen für die Intensivierung eines tropischen Tiefs zu einem Hurrikan, da die diffus angeordneten Gewittersysteme innerhalb des Tiefs durch verstärkte Verdunstung am Oberrand der Wolke in sich zusammenfallen. Starke Verdunstung bewirkt nämlich ein Einmischen von trockenen Luftmassen ins Innere des Gewittersystems. Dadurch wird das Energiereservoir in Form von latenten Wärmeflüssen vom Ozean abgeschnürt. Somit kann der Sturm sich trotz Meeresoberflächentemperaturen von über 26 Grad und einer hohen Feuchte in unteren Schichten nicht weiterentwickeln.
Hat sich jedoch bereits ein ausgewachsener Hurrikan mit einer klaren symmetrischen Struktur und einem ausgewachsenen Auge entwickelt sieht die Sache etwas anders aus. Neue Studien zeigen, dass sich in diesem Fall der Effekt der Verdunstung im oberen Teil des Sturms aufgrund der starken Aufwinde in Grenzen hält. Gleichzeitig befinden sich eine deutlich höhere Anzahl an Staubaerosolen in den Wolken. Dieser Partikel können als zusätzliche Eiskeime fungieren. Dadurch werden bei der Sublimation von Eis zu Wasserdampf größere Mengen an latenter Wärme freigesetzt was den ausgewachsenen Hurrikan zusätzlich verstärken kann.

Damit hat der Ausbruch von großen Mengen an Saharastaub einen negativen Einfluss auf die Intensivierung von tropischen Tiefs oder schwachen tropischen Wirbelstürmen mit einer diffusen Struktur. Bei einem ausgewachsenen Hurrikan kann dies allerdings zum gegenteiligen Effekt führen und den Sturm sogar weiter beleben.


M.Sc. Met. Nico Bauer

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.08.2024

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst