Die Varianz der Tageslänge

Der August ist schon wieder auf der Zielgeraden und damit nähert sich der meteorologische Herbstbeginn. Auch wenn es in den vergangenen Wochen immer wieder sommerliche bis heiße Tage gab, nimmt die Tageslänge und somit die Ausbeute an Sonnenwärme merklich ab. Ob die gleichmäßig geschieht oder nicht, wird im heutigen Thema des Tages erläutert.

Der längste Tag dieses Jahres war am 20. Juni, der kürzeste wird am 21. Dezember sein. Irgendwo dazwischen befinden wir uns gerade, das heißt die Tage werden seit etwa zwei Monaten wieder kürzer. Der Verlauf der Tageslänge kann mit der mathematischen Funktion einer Sinuskurve beschrieben werden, die man sich vereinfacht ausgedrückt als Welle vorstellen kann. Zur Sommersonnenwende befinden wir uns auf dem Wellenberg, im Winter im Wellental. Im Moment geht es auf der Welle also bergab, die Tagesdauer nimmt in Offenbach am Main täglich etwa dreieinhalb Minuten ab.

Aber diese Abnahme ist im Jahresverlauf nicht immer gleich stark. Kurz vor oder nach dem längsten beziehungsweise kürzesten Tag, also um die Extrempunkte der Sinusfunktion, ändert sich die Tageslänge nur wenig. Genau im Umkehrpunkt zwischen Zu- und Abnahme der Tageslänge sind es nur wenige Sekunden täglich, in der ersten Woche um das Ereignis beträgt die Änderung der Tageslänge immer noch keine ganze Minute.

Und auch über Deutschland gesehen ist die die Veränderung nicht gleich stark. Beispielsweise in Kiel ist die Verkürzung der Tage im Moment etwas stärker ausgeprägt, dort sind es gut vier Minuten, die es täglich länger dunkel bleibt. Für diese räumlichen Unterschiede ist die Neigung der Erdachse verantwortlich, die im Extrem im Nordsommer der Arktis Polartage beschert und im Nordwinter Polarnächte.

Bis Ende September nimmt die Verkürzung der Tageslänge weiter an Fahrt auf, in Offenbach beträgt die stärkste Änderung dann 3 Minuten und 42 Sekunden. Anschließend verlangsamt sie sich wieder, bis sie im Dezember die bereits beschriebene Änderung von nur wenigen Sekunden erfährt, bevor sie von Abnahme auf Zunahme wechselt.

Wenn der Tag nun zu Ende ist, herrscht Nacht, aber dabei ist dunkel nicht gleich dunkel. Es wird in verschiedene Dämmerungsphasen unterschieden, die abhängig vom Stand der Sonne unter dem Horizont definiert sind. Nachdem sich das Tageslicht verabschiedet hat, schließt die sogenannte Bürgerliche Dämmerung an. In dieser Zeit ist es zum Beispiel noch oder schon möglich, ohne weiteres Licht im Freien zu lesen. Per Definition befindet sich die Sonne dann zwischen ihrem Auf- oder Untergang und 6 Grad unter dem Horizont.

Wenn sie weiter bis 12 Grad sinkt, ist die sogenannte Nautische Dämmerung erreicht. In dieser Phase sind viele Sterne sichtbar, die zur Navigation auf See genutzt werden können ? daher der Name. Für die meisten anderen Aktivitäten im Freien benötigt man zu dieser Zeit bereits künstliches Licht.

Die letzte Dämmerungsphase ist die Astronomische Dämmerung, in der die meisten Sterne sichtbar werden. Die Definition legt die Phase auf einen Sonnenstand von 12 bis 18 Grad unter dem Horizont fest. Danach schließt die Nacht an, also die Zeit maximaler Dunkelheit, wenn die Sonne mehr als 18 Grad unter dem Horizont steht.

Um die Zeit der Sommersonnenwende herum verschwindet die Sonne nur so weit, dass es in Offenbach gar nicht mehr für die dunkle Nacht genügt. Etwa 2 Breitengrade weiter südlich in Ulm hingegen reicht es noch für eine dreiviertel Stunde Dunkelheit.

Nun steuern wir langsam aber sicher wieder auf die dunkle Jahreszeit zu, aber das bedeutet auch, dass die einzelnen Phasen der Dämmerung eher einsetzen und Sternenfreunde sich nicht mehr ganz so lange gedulden müssen, bis sie ein Funkeln über sich erblicken können.


Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.08.2024

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